Grafen und Herzöge von Jülich


Lexikon des Mittelalters: Band V Seite 803.

I. Familie

Seit dem beginnenden 11. Jh. erscheint im Jülichgau ein Grafengeschlecht mit dem Leitnamen Gerhard. Man vermutet, dass diese Gerharde mit den Matfrieden in verwandtschaftlichen Beziehungen standen. 1081 taucht erstmalig ein Gerhard mit dem Beinamen "comes de Julicho" auf. Mit dem Grafen Wilhelm II. stirbt dieses 1. Jülicher Grafenhaus anno 1207 im Mannesstamm aus. Über des Grafen Wilhelm II. Schwester Jutta fällt die Grafschaft an deren Sohn Wilhelm III., dessen Vater Eberhard I. aus dem Hause Heimbach (Hengebach) stammte. Die Grafen aus dem Hause Heimbach regierten in Jülich bis 1511. Unter ihnen wurde Wilhelm V. (I.) 1336 zum Markgrafen und 1356 zum Herzog ernannt. Der älteste Sohn Wilhelms Gerhard I. trat 1346/48 die Nachfolge in Ravensberg und Berg an. Die sich damals sehr kurze Zeit anbahnende Vereinigung von Jülich und Berg kam nicht zustande, weil Gerhard I. 1360 ein Jahr vor seinem Vater starb. In Berg übernahm Gerhards Sohn Wilhelm I. und in Jülich der jüngere Sohn Wilhelms V. Wilhelm II. die Regierung. An diese Jüngere Jülicher Linie fiel 1371 über Erbgang das Herzogtum Geldern. Als diese Linie 1423 ausstarb, zerfiel die Verbindung zwischen Geldern und Jülich. In Jülich setzte sich die in Berg regierende Ältere Linie durch, während Geldern sich mit Arnold von Egmond einen Herzog aus dem eigenen Lande wählte. Die Ältere Linie behauptete sich in Jülich und Berg bis zu ihrem Aussterben im Jahre 1511.

II. Wappen

Das Wappen des Herzogtums Jülich zeigt den Jülicher Löwen; er ist in Gold ein rot bezungter, steigender schwarzer Löwe. Abweichend wie im rechten Wappen wird der Löwe häufig rot bewehrt dargestellt.

III. Grafschaft/Markgrafschaft/Herzogtum


In der 2. Hälfte des 11. Jhd. wurden aus den Grafen im Jülichgau die Grafen von Jülich, die sich zunächst eng an die Kölner Erzbischöfe anlehnten. Graf Wilhelm II. leitete den Aufstieg der Grafschaft ein. Durch das Maubachische Erbe seiner Frau Alveradis von Saffenberg verbunden mit den Wildbannrechten, dehnte er die Jülicher Einflusszone bis in die Eifel aus. Sein gleichnamiger Nachfolger Wilhelm III., der Sohn seiner Schwester Jutta, brachte die Heimbacher Besitzungen an Jülich. Diese Erwerbungen bildeten die Grundlage der späteren Ämter Nideggen, Heimbach und Wehrmeisterei. Entlang der Rur, im Raum von Zülpich und Aachen vergrößerten die Nachfolger das gräfliche Machtpotential, vor allem auf Kosten der Kölner Kirche. Die ursprünglich engen Beziehungen zur Kölner Kirche schlugen in offene Feindschaft um. Die größte Krise erlitten die Jülicher 1278, als der regierende Graf Wilhelm IV. und zwei seiner Söhne in Aachen erschlagen wurden. Der Sieg bei Worringen 1288 wandte die von seiten der Kölner Erzbischöfe drohende Gefahr zunächst ab, doch erst mit dem Regierungsantritt Gerhards V. (IV. ?) aus der Jülicher Nebenlinie in Kaster begann der erneute Aufstieg. Neben Kaster fielen die Ämter Brüggen und Grevenbroich und die Herrschaften Bergheim und Münstereifel an die Jülicher Hauptlinie. Damit war ein solides Fundament für den bedeutendsten mittelalterlichen Grafen Wilhelm V. (I.) gelegt, der in der europäischen Politik eine überragende Rolle spielte und unter dessen Ägide die Grafschaft zur Markgrafschaft (1336) und schließlich zum Herzogtum (1356) erhoben wurde. Der Sieg über Brabant bei Baesweiler (1371) und die Vereinigung mit Geldern ließen Jülich dann zur Vormacht am Niederrhein werden. Der Verlust Gelderns (1423) wurde durch den Anfall von Berg kompensiert. Bis zum Jahresende rundete Jülich dann mit dem Erwerb der Ämter Heinsberg, Wassenberg, Geilenkirchen, Millen und Monschau sein Territorium ab. Bis um 1400 waren die wichtigsten territorialen Bestandteile mehr oder minder voll ausgeprägt. Es hatten sich zwei Stände herausgebildet. 1347 wurden neben der Ritterschaft zum ersten Mal auch die Städte bei einer landesherrlichen Entscheidung herangezogen. Das Land war in Ämter gegliedert, an deren Spitze landesherrliche Beamte standen, der Amtmann und der lokale Rentmeister. Gegen Ende des 14. Jhd. ist in Jülich dann der erste Landesrentmeister nachgewiesen, und erst in der Mitte des 15. Jhd. übernahm ein "Kanzler" die Spitze der Zentralverwaltung.
Jülich war hauptsächlich ein Getreideland, Vieh musste zum Teil eingeführt werden. Wein und vor allem Färberwald wurden auf geeigneten Böden angepflanzt. Tuchmacherzentren des Landes waren die Städte Düren und Münstereifel. In den Eifelgebieten wurde Blei (Kall, Maubach, Mechernich), Kupfer (Wehbachtal bei Düren) und Kohle (Eschweiler) gewonnen. Als Transitland zwischen den Kölner und den Brabanter Wirtschaftszentren durchquerten mehrere Handelsstraßen das Territorium (Zolleinnahmen). Bürger Jülicher Städte sind im 15. Jahrhundert auf den Antwerpener Messen nachgewiesen.

Literatur

G. Meyer, Gf. Wilhelm V. von Jülich (Markgraf und Herzog) (1321-1361) [Diss. Bonn 1968]
S. Corsten, Die Grafen von Jülich unter den Ottonen und Saliern (Beiträge zur Jülicher Geschichte 45, 1978), 3, 20
Janssen (1985, S. 17-40)
Th. R. Kraus, Jülich Aachen und das Reich, 1987.

Vgl. Pierer's Universal-Lexikon. Altenburg, 4.Aufl., 1857-1865, Band 9, S. 175-176.

Jülich
vormals Herzogtum auf dem linken Rheinufer, zwischen Aachen, Köln und Geldern, zum westfälischen Kreise gehörig; 75 QM., mit 210 000 Einwohnern.
Das Herzogtum Jülich war in ältesten Zeiten von den Menapiern bewohnt, später war es als Pagus Juliacensis durch Grafen beherrscht, als deren erster Gottfried um 941 bekannt ist; von seinen Nachfolgern kommen im 11. und 12. Jahrhundert Gerhard I. bis V. vor; Wilhelm I. regierte 1147 bis 1165; sein Sohn Wilhelm II., der Große (†1207), stand Anfangs auf Ottos Seite gegen den Erzbischof Philipp von Köln, ergriff aber 1205 des Letztern Partei; Wilhelm III., Sohn Wilhelms von Hagenbach, Neffe des Vorgenannten, (? Eberhard I. von Hengenbach ?) folgte 1208, nahm 1211 an einem Kreuzzug gegen die Albigenser teil, ergriff die Partei Friedrichs II. gegen Otto IV. und starb 1218 auf einem Kreuzzuge nach Palästina. Sein Sohn Wilhelm IV., stand erst auf der Seite des Kaisers Friedrich II., seit 1247 auf der Wilhelms von Holland; er hatte viele Streitigkeiten mit den Erzbischöfen von Köln, machte 1272 einen Kreuzzug gegen die heidnischen Preußen mit und fiel in einem Streit mit Aachen 16. (17.) März 1278. Ihm folgte sein Enkel (? Sohn ?) Waleram. Während sich dieser mit seinem jüngeren Bruder Gerhard stritt, welcher Waleram als Geistlichen von der Nachfolge ausschließen wollte, war der Erzbischof Sigfried von Köln in Jülich eingefallen und hatte fast alle Plätze besetzt, die er jedoch nach dem Vertrag von Pinzheim 1279 zurückgab. Waleram (†1297) folgte sein Bruder Gerhard VI.; 1390 zum Provinzialvikar vom Niederrhein ernannt, stand er dem Kaiser Albrecht und dessen Nachfolger, Ludwig von Bayern, in ihren Kämpfen am Rhein bei. Gerhard (†1329) folgte sein Sohn Wilhelm V. Diesen ernannte der Kaiser Ludwig 1336 zum Reichsfürsten und Markgrafen und bestimmte, dass er dem Kaiser bei der Krönung das Szepter vortragen sollte (Erzkämmerer). 1339 bestätigte das Kurfürstenkollegium die Erhebung Jülichs, die Vortragung des Szepters aber musste der Markgraf mit Brandenburg teilen, ihm blieb die Vortragung bei Lehnsreichungen. Kaiser Karl IV. erhob ihn 1357 zu Metz zum Herzog (Wilhelm I.) und ernannte ihn zum Grafen der Herrschaft Fauquemont. Sein Sohn Gerhard wurde durch seine Gemahlin Margarethe Graf von Berg. Gerhard (†1362) folgte sein Sohn (? Bruder ?) Wilhelm VI. (II.), der Alte; 1373 zog er gegen die heidnischen Preußen und starb 1393. Durch seine Gemahlin Marie, Tochter des Herzogs Reinhold II. von Geldern, hatte er Ansprüche auf Geldern erhalten und machte diese 1371 für seinen Sohn Wilhelm geltend; siehe Geldern (Geschichte); dort war Wilhelm 1379 gefolgt und nun wurde er 1393 als Wilhelm VII. (III.) auch Herzog von Jülich. Jülich blieb auch unter seinem Nachfolger Reinhold IV. bei Geldern; aber 1423, nach Reinholds IV. Tode, besetzten Adolf IX., Herzog von Berg — Enkel von Gerhard und Margarethe (siehe oben) und Urenkel Herzogs Wilhelm V. —, und Johann, Herr von Heinsberg (durch seine Mutter Philippine Enkel des Herzogs Wilhelm V.), Jülich nach dem Testamente, welches Reinhold IV. 1. April 1420 gemacht hatte, dass, da er keine Kinder hatte, nach seinem Tode an Adolf 3/4 und an Johann 1/4 von Jülich fallen sollte; Adolf wurde so Herzog von Jülich und vereinigte Jülich mit Berg, und Johann Herr von Jülich. Adolf IX. lebte in stetem Krieg mit Herzog Arnolf Egmont von Geldern und starb 1437; ihm folgte sein Neffe Gerhard VII. (I. in Berg), Sohn des Grafen Wilhelm von Ravensberg, welcher mit Arnold von Geldern Kämpfe zu bestehen hatte, und nach dessen Besiegung 1444 den Hubertusorden stiftete; Gerhard (†1475) folgte sein Sohn Wilhelm VIII. (III. in Berg); durch seine Gemahlin Elisabeth, Tochter Johanns von Nassau, erhielt er die Herrschaft Dietz, Heinsberg, Lauenberg u. Hickem. Von seiner zweiten Gemahlin Sibylle, Tochter des Kurfürsten Albert Achilles von Brandenburg, hatte er nur eine Tochter, Marie, die er als Erbin einsetzte und 1511 an den Prinzen Johann, Sohn des Herzogs Johann von Kleve, verheiratete, obgleich der Kaiser Friedrich III. 1483 die Nachfolge in Jülich und Berg dem Herzog Albrecht von Sachsen versprochen und Kaiser Maximilian 1495 dies Versprechen erneuert hatte. Nach Wilhelms Tod 1511 folgte Johann der Friedfertige, sein Schwiegersohn, ungeachtet des Einspruchs Sachsens; der Kaiser belehnte Johann, doch wurde Sachsen sein Anspruch bewahrt. Johann folgte 1521 auch als Herzog von Kleve und so wurde Jülich und Berg mit Kleve verbunden; die weitere Geschichte siehe unter Kleve (Geschichte). Nach dem Aussterben dieser Herzöge 1609 machten mehre deutsche Fürsten, besonders Sachsen, Brandenburg und Pfalz-Neuburg, auf deren Hinterlassenschaft Ansprüche, woraus der Jülichsche Erbfolgestreit entstand (das Nähere über ihn siehe unter Kleve). Durch den 1624 geschlossenen Vergleich zu Düsseldorf kam Jülich und Berg an die Pfalzgrafen von Neuburg, Kleve (wie auch die Mark und Ravensberg) aber an Brandenburg; nach dem Erlöschen der Pfalz-Neuburgischen Linie gelangte Jülich, so wie die ganze Verlassenschaft, an die Pfalzgrafen von Sulzbach, die auch zu der Kurpfalz die bayerischen Lande erhielten. So blieb Jülich nebst Kurpfalz eine Besitzung der Kurfürsten von Pfalz-Bayern, bis der Luneviller Frieden 1801 Jülich an Frankreich gab, welches schon seit 1794 dasselbe besetzt hatte. Es machte hier einen Teil des Departements der Rur aus. 1814 erhielt, nach dem Wiener Kongress, Preußen das Herzogtum Jülich mit Ausnahme einiger Parzellen, welche zu der niederländischen Provinz Limburg kamen. Es bildete mit den andern nördlichen Teilen der preußischen Besitzungen auf dem linken und rechten Rheinufer die Provinz Jülich-Kleve-Berg, die später zur preußischen Rheinprovinz geschlagen wurde.

Vgl. Kremer, Beiträge zur Jülich- u. Bergschen Geschichte, Manheim 1769-76, 2 Teile; Zusätze, Gießen 1787.
Wiebeking, Beiträge zur kurpfälzischen Staatengeschichte, vorzüglich mit Rücksicht auf das Herzogtum Jülich und Berg, Heidelberg 1793.
Ritter, Sachsen und der Jülicher Erbfolgestreit, München, 1874.
Ritter, Der Jülicher Erbfolgekrieg 1610 und 1611, München, 1878.


Die Grafschaft Jülich wurde 1336 zur Markgrafschaft und 1356 zum Herzogtum erhoben. Jülich kam 1423 zu Berg und 1511 zu Kleve. Der Jülich-Klevesche Erbfolgestreit (seit 1609) zwischen Sachsen, Brandenburg und Pfalz-Neuburg wurde 1614 (zumindest vorläufig) in Xanten beigelegt:


Erst 1666 endgültige Lösung durch den Vertrag von Kleve; 1801 französisch, 1814 preußisch.


Siehe auch genealogy.euweb.cz, wobei hier zum Teil erheblich abweichende Daten angegeben werden:
Gf. Gerhard I. im Jülichgau, †nach 2.6.1029 Eberhard II. von Hengebach, †nach 1217
oo Jutta, Erbin von Jülich, †nach 1190

Gerhard I. Graf im Jülichgau 1003-1029
Gerhard II. 1029-1081
? Gerhard III. 1081-1114 ?
Gerhard III. (IV.)1114-1127
Gerhard IV. 1128-1142
Wilhelm I. Graf von Jülich1142-1176
Wilhelm II. der Große 1176-1207
Wilhelm III.1207-1218
Wilhelm IV. 1219-1278
? Wilhelm V. 1274-1277 ?
Walram 1277-1297
Gerhard V. 1297-1328
Wilhelm V. (I.)1328-1361 Herzog 1356
Wilhelm VI. (II.) 1361-1393
Wilhelm VII. (III.)1393-1402 Herzog von Geldern (1379-1402)
Rainald1402-1423 Herzog von Geldern (1402-1423)
Adolf X. 1423-1437 Berg (1408-1437), Jülich (1423-1437)
Gerhard VII. (II.)1437-1475 Herzog von Jülich-Berg
Wilhelm VIII. (IV.) 1475-1511 Herzog von Jülich-Berg
Johann III.1511-1539 Herzog von Jülich-Berg
Wilhelm IX. (V., I.) der Reiche1539-1592 Herzog von Jülich-Kleve-Berg
Johann Wilhelm1592-1609 Herzog von Jülich-Kleve-Berg

Detailansicht für Jülich-Berg (Iuliacensis Ducatus und Montensis Ducatus) zum Ende des 30-jährigen Krieges: siehe hier