Ehemaliges Herzogtum am Rheinufer mit der Hauptstadt Düsseldorf
STAMMTAFELN ZUR GESCHICHTE DER EUROPÄISCHEN STAATEN
Band I Tafel 186
Lexikon des Mittelalters: Band I Seite 1943
In der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts erscheint am Niederrhein ein Geschlecht mit den Leitnamen Adolf, Eberhard und später (durch Heiratsverbindung mit der Familie des Erzbischofs Friedrich von Köln?) Engelbert, das von einer um den namengebenden Stammsitz Berg an der Dhünn aufgebauten Herrschaft aus nach Westfalen ausgreift (zeitweise Benennung nach der Burg Hövel an der Lippe) und um 1150 über beträchtliche Besitz- und Machtkomplexe - vor allem Kirchenvogteien - zwischen Sieg und Lippe verfügt. Umstritten ist seine (linksrheinische?) Herkunft, unumstritten die enge Verbindung zum Kölner Erzstuhl (im 12./13. Jahrhundert stellt die Familie 5 Erzbischöfe), dem es seinen Aufstieg in der Nachfolge der Ezzonen und der Grafen von Werl (auf Kosten der Grafen von Arnsberg?) verdankt. Seit 1101 ist der Grafentitel belegt, eine unmittelbare Übernahme ezzonischer oder Werler Grafenrechte aber unwahrscheinlich. 1161/63 teilten sich die Berger in eine rheinische und eine (westfäische Linie Altena), die sich ihrerseits am Ende des 12. Jahrhunderts in einen märkischen und isenburgischen Zweig spaltete. Infolge der Ereignisse um die Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelbert I. (1225) sank das Haus Isenburg zur Bedeutungslosigkeit herab, während die Märker im 13./14. Jahrhundert das größte und mächtigste weltliche Territorium in Westfalen schufen. Die rheinische Linie - die Grafen von Berg - legte bis zu ihrem Aussterben 1225 das Fundament zu einer kompakten Territorialbildung zwischen Rhein, Ruhr und Sieg. Unter den im Erbgang folgenden Grafen von Berg aus den Häusern Limburg und Jülich (seit 1348) nahm die Grafschaft (seit 1380 Herzogtum) Berg unter Angliederung der Grafschaft Ravensberg ihre endgültige Gestalt an und vereinigte sich 1423 durch Erbfall mit dem Herzogtum Jülich. 1511 wird das ausgestorbene Haus Jülich(-Hengebach) schließlich durch die Grafen von der Mark beerbt, die seit 1368 in Kleve regierten. Dem märkischen Zweig des alten bergischen Grafenhauses gelang somit 100 Jahre vor Erlöschen des Geschlechts (1609) eine territoriale Blockbildung (Jülich-Berg-Kleve-Mark) von großem politischen Gewicht.
Nach dem Zusammenbruch der niederrheinischen Machtstellung der ezzonischen Pfalzgrafen in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts gelang es dem Haus Berg in enger Anlehnung an die Kölner Erzbischöfe rechts des Rheins zwischen Wupper und Agger einen ansehnlichen Besitz- und Herrschaftskomplex aufzubauen, dessen Grundlage neben Allod vor allem Kirchenvogteien bildeten. Um 1100 erwarben die Berger beträchtliche Teile aus dem Erbe der Grafen von Werl; dadurch verschob sich das Schwergewicht ihrer Macht zeitweise so weit nach Westfalen, dass der an die Peripherie geratene Stammsitz 1133 in ein Zisterzienserkloster (Altenberg) umgewandelt werden konnte. Eine um 1161/63 durchgeführte Erbteilung zwischen den Söhnen des Altenberger Klostergründers, die den westfälischen vom rheinischen Besitz trennte, gab diesem aber seine Eigenbedeutung zurück und schuf die Voraussetzung für eine um die Wupperachse (mit dem seit 1160 bezeugten 2. Stammsitz Burg) konzentrierte Territorienbildung von seltener Geschlossenheit, bei der neben dem Erwerb von Besitzungen und Rechten seitens des Reiches, der Kölner Erzbischöfe und kleiner Dynasten-Familien eine durch systematischen Landesausbau begründete Rodungsherrschaft eine entscheidende Rolle gespielt hat. Ende des 12. Jahrhunderts wurde der Kernraum der Bergischen Herrschaft nach Nordwesten um Hilden und Haan (1176), vielleicht auch um Rechte im Duisburger Bezirk auf die Ruhr hin erweitert, wurde mit dem Erwerb des Tyverner Besitzes um Düsseldorf die Rheinlinie in breiter Front erreicht (1189), wurde durch die Belehnung mit dem hessischen Windeck ein erster Posten an der Sieg bezogen. Die nach dem Aussterben der rheinischen Linie des Bergischen Geschlechts folgenden Grafen von Berg aus den Häusern Limburg (seit 1225) und Jülich (seit 1348) setzten diese vorsichtig expandierenden Tendenzen nach Süden wie nach Norden hin erfolgreich fort (1248/59 Duisburger Reichsforst; 1248 Mettmann, Rath, Remagen, 1257 Eckenhagen; 1363 Blankenberg); vor allem aber vermochten sie nach und nach die letzten fremden Enklaven in ihrem Land zu beseitigen (1260 Hückeswagen, 1355 Hardenberg, 1359 Solingen, 1427 Elberfeld) und damit jene territoriale Homogenitt zu schaffen, die für die Grafschaft (seit 1380 Herzogtum) Berg im späteren Mittelalter charakteristisch ist. Diese Homogenität beruhte außer auf einer flächendeckenden Herrschaft von gleichmäßiger Form und Intensität auf einer ausgeglichenen agrarisch-kleingewerblichen Wirtschaftsstruktur ohne bedeutendes Städtewesen sowie auf einer starken Position des ministerialen Adels, der sich als ritterschaftlicher Landstand im 14. Jahrhundert eine - rechtlich festgelegte - Mitsprache bei der Regierung des Landes sichern konnte. Die Vereinigung mit Jülich 1423 und später mit Kleve-Mark 1521 fügte das Herzogtum Berg zwar einem größeren staatlichen Verband ein, hob aber seine in den Landständen verkörperte territoriale Eigenständigkeit und Integrität nicht auf. Als geographischer Begriff (Bergisches Land) hat sich der politisch-territoriale Name der alten Grafschaft Berg bis heute erhalten.
Berg, 1) sonst Herzogtum in Deutschland, zwischen Rhein, Grafschaft Mark,
Westfalen u. Nassau; östlich bergig, am Rhein eben und fruchtbar; bewässert von
der Sieg, Ruhr, Düssel u.a. Flüssen; hielt 54 QM.; 262,000 (293,000) Einwohner; ist
jetzt Teil der preußischen Regierungsbezirke Arnsberg, Köln, Düsseldorf.
2) Geschichte. Das Herzogtum Berg war zur Römerzeit von Ubiern, nach deren
Bersetzung von Sigambrern, Tencterern und Bructerern bewohnt, die erst in der
Völkerwanderung verschwinden. Unter den Franken gehörte Berg zu Ripuarien und war
in 4 Gaue getheilt. Man hält Hermann und seinen Bruder Adolf I. für die
Stammväter der Grafen von Berg. Letzterem folgte Adolf II. u. um 1093 diesem sein
Sohn Adolf III. Er und sein Bruder Eberhard wurden 1108 zu Grafen von dem
Berg und Altena ernannt; sie starben auf dem, von Letzterem zur
Zisterzienserabtei Altenberg umgewandelten Schloss Berg. Adolf IV., der Sohn
Adolfs III., folgte um 1134; er nahm an den Kreuzzügen teil und starb 1152 (nach
And. 1160). Seine Söhne teilten das Erbe, indem Eberhard die Grafschaft
Mark, Engelbert aber Berg erhielt. Er unterstützte den Kaiser Friedrich I. gegen
Heinrich den Löwen, machte mit demselben einen Kreuzzug ins Gelobte Land
und starb 1189 auf der Rückkehr. Sein Sohn Adolf V. erklärte sich in den
damaligen Streitigkeiten in Deutschland für Kaiser Otto IV., seit 1205 für
Philipp von Schwaben; machte 1211 einen Kreuzzug mit, ging 1218 nach Ägypten
und fiel vor Damiette. Ihm folgte sein Bruder Engelbert II., Erzbischof von
Köln, und als mit dessen Tode 1225 der Bergsche Mannsstamm ausgestorben war,
kam Berg durch Adolfs V. Tochter Ermengarde oder Kunigunde, Gemahlin des Herzogs
Heinrich IV. von Limburg, der schon seit 1219 Namen und Herrschaftsrechte eines
Grafen von Berg führte, an Limburg. Ihm folgte 1246 in der einen Hälfte von
Berg sein zweiter Sohn Adolf VI., während er die andere Hälfte seiner Gemahlin
überließ, und als Adolf VI. (zwischen 1257 u. 59) gestorben war, folgte ihm
sein Sohn Adolf VII. unter der Vormundschaft seiner Mutter. Dieser lebte
fortwährend in Streit mit dem Erzbischof von Köln, bis er von demselben
gewonnen wurde; er starb 1296 in der Gefangenschaft, und da er keine Kinder
hatte, so folgte ihm sein Bruder Wilhelm I., der früher Kanonikus in Köln
war. Da dieser wieder ohne Nachkommenschaft war, folgte ihm 1308 sein Neffe
Adolf VIII., Sohn Heinrichs von Windeck. Auch dieser starb 1348 kinderlos,
und nun kam Berg an seine Schwestertochter Margarethe, welche diese Grafschaft
ihrem Gemahl, Gerhard von Jülich, zubrachte. Die von nun an gemeinsame
Geschichte von Jülich und Berg siehe unter. Jülich. 1609 erlosch die Jülicher Linie,
und es entstanden zwischen Brandenburg, Sachsen, Österreich und der Pfalz
Streitigkeiten über den Besitz dieser Lande, welche erst 1666 geendigt
wurden. Berg fiel an Kurpfalz, kam 1742 beim Erlöschen dieser Linie an die
Sulzbacher Linie und 1799 nach dem Tode des Kurfürsten Karl Philipp Theodor an
Pfalz-Zweibrücken, wurde aber 1806 gegen Ansbach an Preußen
vertauscht. Napoleon machte es zu dem Kern eines Großherzogtums, das auf 315
QM. und 879000 Einwohner. umfasste, und das er seinem Schwager Joachim Murat
abtrat. Dieser vertauschte es aber 1808 gegen das Königreich Neapel, und
Napoleon schenkte es 1809 Ludwig, dem ältesten Sohn seines Bruders, des Königs
Ludwig von Holland. Bevor dieser zur Mündigkeit gelangte, wurde Berg 1813 von
den Alliierten besetzt, das Großherzogtum aufgelöst und Berg 1814 durch den
Beschluss des Wiener Congresses dem König von Preußen zugeteilt.
Siehe auch genealogy.euweb.cz, wobei hier zum Teil erheblich abweichende Daten angegeben werden:
Adolf I. von Hövel (Huvili), Gf. von Berg, †1106 oder 1152
oo Adelheid von Laufen
Zumindest bis 1100 sind die Angaben widersprüchlich; vgl.
Hermann I. Vogt von Deutz | 1003-1019 |
Adolf | 1008-1018 |
Hermann II. Vogt von Deutz | um 1045 |
Adolf I. Vogt vom Berge | 1068-1090 |
Adolf II. | |
Adolf III. Graf von Berg † 1152 | 1093-1132 |
Adolf IV. Graf von Berg-Altena | 1132-1160 |
Engelbert I. | 1160-1189 |
Eberhard von Mark | 1160-1180 |
Adolf VI. | 1189-1218 |
Engelbert II. Erzbischof von Köln | 1218-1225 Regent |
Irmgard & Heinrich von Limburg | 1218-1247 |
Adolf VII. (VI. ?, IV. ?) | 1247-1259 |
Adolf VIII. (VII. ?, V. ?) | 1259-1296 |
Wilhelm I. | 1296-1308 |
Adolf IX. | 1308-1348 |
Margaretha †1384 | 1348-1366 |
Berg kam durch Heirat an Jülich, siehe Gerhard I.