Grafen von Kleve

Lexikon des Mittelalters: Band V Seite 1212

I. Familie

Wie die Grafen von Geldern stammten auch die Klever Grafen von den 'flamenes' Gerhard und Rutger ab, die vom Kaiser (Heinrich II. ?) Besitz und Lehen in Kleve und Wassenberg erhielten. Die Genealogie der auf Rutger zurückgehenden Klever Grafen ist für das 11. Jhd. ungeklärt. Als erster ist 1092 ein 'comes Thiedericus de Cleve' (Dietrich I.) belegt. Dieses Grafenhaus starb 1368 im Mannesstamm aus. Über weibliche Erbfolge gelangte das Land an Graf Adolf III. von der Mark (siehe auch Grafen von der Mark), Elekt von Münster und Köln, einem Bruder des regierenden märkischen Grafen Engelbert III. Adolfs gleichnamiger Sohn, der 1394 in Kleve die Nachfolge antrat, gewann 1398 auch die Herrschaft über die Mark. Er musste aber den überwiegenden Teil der Grafschaft seinem Bruder Gerhard (†1461) auf Lebenszeit überlassen. 1417 wurde er zum Herzog erhoben. Die 1418 eingeführte Primogeniturerbfolge konnte Adolfs Sohn Johann I. nach Gerhards Tod durchsetzen. Unter dessen Enkel Johann III., der 1496 mit der jülich-bergischen Erbtochter Maria verheiratet wurde und der 1511 die Herrschaft in Jülich-Berg antrat, erfolgte 1521 der Zusammenschluss von Kleve, Mark, Jülich; Berg und Ravensberg zu dem niederrheinischen Großterritorien der Vereinigten Herzogtümer. 1609 starb das aus dem märkischen Grafengeschlecht hervorgegangene Klever Herzogshaus aus.

II. Wappen

Das Wappen zeigt auf Rot einen silbernen Mittelschild, darüber eine goldene Lilienhaspel.

III. Grafschaft/Herzogtum

Der älteste Besitz der Klever Grafen ist der südliche Teil des Nimwegener Reichswaldes zwischen Kleve, Kalkar und Monterberg. Er wurde vor 1092 durch die Anlage der Burg Kleve gesichert. Ein weiteres Zentrum lag im Süden: Burg und Herrschaft Tomburg mit dem dazugehörenden Flamersheimer Wildbann. In dieser frühen Phase stützte sich Kleve auf die Kölner Kirche. Weiteren Machtzuwachs brachte auf deren Kosten der Erwerb der Vogteien der reichen niederrheinischen Stifte und Klöster (Zyfflich, Fürstenberg, Obervogtei Xanten neben verschiedenen Ortsvogteien). Nach dem Bruch mit den Erzbischöfen wandte sich Kleve in Richtung Utrecht (Lehnsmann des Bischofs in der Betuwe) und Holland. Mit dem Erwerb der Weseler Waldgrafschaft (Erbe der Ida von Brabant †1147) fasste man erstmals im Rechtsrheinischen Fuß. Im Verlauf des 12. und 13. Jhd. wurde der Besitz in und um Wesel bis lippeaufwärts nach Gahlen erweitert und in Dinslaken und Duisburg Fuß gefaßt. Linksrheinisch fiel den Klevern 1247 Hülchrath als Erbe zu, das aber an die Sekundogenitur der Luf von Kleve kam, die es nach 1300 zusammen mit dem Tomberger Besitzungen an Köln verkauften. Der wichtigste Verbündete seit dem ausgehenden 12. Jhd. wurde Brabant, doch ließen sich die Klever nicht in den Worringer Konflikt (1288) hineinziehen. Im 14. Jhd. trennte sich Kleve im Rahmen seiner Arrondierungspolitik von den Außenposten zwischen Maas und Waal und intensivierte die Territorialbildung im Raum zwischen Lippe und Rur. Der Versuch, sich gegen den Herzog von Geldern in die Adelsfehden des Landes einzumischen, endete mit einem Fiasko und kostete letztlich den Erwerb von Moers. Mittel zur Stabilisierung der Herrschaft waren eine intensive Stadtgründungspolitik und die Urbarmachung und Kolonisation der Brüche und Wälder. Als erste Städte wurden Wesel (1241), Kleve (1242), Kalkar (1233/42) und Grieth (1254/55) gegründet, bis ins 14. Jhd. kamen Dinslaken, Kranenburg, Uedem, Sonsbeck und die Zollstätten Büderich, Orsoy und Huissen dazu. Sie entwickelten sich rasch zu blühenden Gewerbestädten, vor allem Wesel (Tuchmacherei). Die Meliorisationen begannen im großen Stil im ausgehenden 13. Jhd. und endete in den Pestjahren des 14. Jhd.
Erst im ausgehenden 14. Jhd. setzten die märkischen Grafen die Erwerbungspolitik fort. Nach dem Gewinn von Aspel und Rees (1392/94) fiel als uneingelöstes Pfand das geldrische Emmerich um 1400 an Kleve, eine Spätfolge seines Sieges über den jülich-geldrischen Rivalen Wilhelm bei Kleverhamm (1397). Nach der Soester Fehde (1444-1449) wurden Soest mit der Börde und Xanten angegliedert; die Stellung als Satellit Burgunds erbrachte 1473 auf Kosten Gelderns die Ämter Goch, Wachtendonk und Düffel, den Lobither Zoll und die Vogtei Elten. Damit war die Territorialbildung abgeschlossen, die im 15. Jhd. vornehmlich aus Kriegsgewinnen bestand. Um die Mitte des 14. Jhd. war der innere Aufbau Kleves weitgehend beendet. Die meisten Ämter waren eingerichtet, an ihrer Spitze stand der Drost oder Amtmann. Die beiden Stände spielten noch keine politische Rolle. 1392 tauchte erstmalig die klevesche Ritterschaft in einem Vertrag mit Kurköln auf. Im 15. Jhd. gewannen Ritterschaft und Städte politisches Mitspracherecht, deutlich erkennbar an ihrer Zustimmung zum Primogeniturvertrag von 1418.

Literatur


Th. Ilgen, Q. zur Geschichte der rheinischen Territorien. Herzogtum Kleve, Ämter und Gerichte, I, II, 1-2, 1921-1925
D. Kastner, Die Territorialpolitik der Grafen von Kleve, 1972
W. Janssen, Die niederrheinischen Territorien in der zweiten Hälfte des 14. Jhd., RhVjbll 44, 1980, 47-67
Ders., Niederrheinische Territorialbildung. Voraussetzungen, Wege und Probleme (Soziale und wirtschaftliche Bindungen im Mittelalter am Niederrhein 1981), 95-113
Th. R. Kraus, Studien zur Frühgeschichte der Grafen von Kleve und die Entstehung der Kleveschen Landesherrschaft, Rhvjbll 46, 1982, 1-47
Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg, 1985 [Beitr. W. Janssen, D. Kastner, K. Fink (wichtigste ältere Lit.)]
Klevesche Städteprivilegien (1241-1609), Hrsg. K. Flink, 1989.

Kreisstadt in Nordrhein-Westfalen

Kleve erhielt 1242 Stadtrecht und war Mitglied der Hanse. Die alte Grafschaft (seit 1417 Herzogtum) wurde bereits 1398 mit der Grafschaft Mark vereinigt. Dazu kamen durch Heirat 1511 das Erbe des letzten Herzogs von Jülich, Berg und Grafen von Ravensberg. Durch Verträge von 1614 und 1666 fielen Kleve, Mark und Ravensberg an Brandenburg. 1805/14 französisch; seit 1815 preußisch.

Am 29. Oktober 1647 ernannte der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (der Große Kurfürst) den Grafen Johann Moritz von Nassau-Siegen zu seinem Statthalter für die Länder Kleve und Mark. Damit fing für die alte herzogliche, nunmehr kurbrandenburgische Residenz Kleve eine goldene Ära an, deren Spuren das Stadtbild bis zum heutigen Tage prägen.


Vgl. Pierer's Universal-Lexikon. Altenburg, 4. Aufl., 1857-1865, Band 9, S. 574-576.

Kleve, sonst preußisches Herzogtum im westfälischen Kreise, zu beiden Seiten des Rheins, 40 QM., 97000 Einwohner; eben, fruchtbar, brachte jährlich 640000 Taler ein.

Die erste Geschichte des Herzogtums (früher Grafschaft Kleve, Comitatus Cliviae), welches zum größten Teil zum Herzogtum Ripuarien gehörte, ist dunkel und bis ins 14. Jahrhundert ist alles ungewiss, was man von Grafen von Kleve, die zugleich Grafen von Teisteroant gewesen wären, erzählt. Auch die Grafen dieser Zeit, wie Walderich (welcher den Grafen Wichmann von Zütphen ermorden ließ, deshalb fliehen musste und 1021 starb), Rutger (Roger), Dietrich (unter Kaiser Heinrich III.) und dessen Sohn Eberhard (um 1074), werden meist nur gelegentlich erwähnt. Dessen Sohn Dietrich I. (1093-1119) zog mit Gottfried von Bouillon ins Gelobte Land; Dietrichs Sohn Arnold I. und dessen Sohn Arnulf II. kommen bis nach der Mitte des 12. Jahrhundert vor, diesem folgte sein Bruder Dietrich IV., welcher vor 1188 starb, sein Nachfolger war sein Sohn Dietrich V. (IV.); 1194 war Arnold III., Bruder des Vorgenannten, Graf; bei seinem Tode, 1202, war sein Sohn Dietrich VI. Nust noch minderjährig; er regierte bis 1260, wo sein Sohn Dietrich VII. folgte; dessen Sohn, Dietrich VIII. 1275-1305 war mit dem Kaiser Rudolf verwandt, indem er dessen Nichte Margarethe, Tochter Eberhards, geheiratet hatte, durch diese erhielt er unterpfändlich Duisburg und wurde Reichsvikar in einem Teil der Niederlande. Ihm folgten seine Söhne Otto der Friedfertige 1305-1311, dann Dietrich IX. der Fromme, ein Anhänger des Kaisers Ludwig des Bayern, wofür ihn dieser 1318 zum Reichsvikar in Westfalen machte und ihm das, inzwischen an Berg gekommene Duisburg wieder zurückgab. Er starb 1347, und da er wie sein Bruder keine Söhne hatte, so machte Otto, Herr von Arckel, Sohn Johanns IX. und der Ermengarde und durch seine Mutter Enkel des Grafen Otto von Kleve, Anspruch auf die Grafschaft, doch folgte Dietrichs IX. Bruder, Johann I., der bisher Kanonikus in Köln gewesen war, aber mit ihm starb der Mannsstamm der Grafen von Kleve aus, und es folgte Graf Adolf I. von der Mark, Gemahl von Margarethe, Tochter des Grafen Dietrich IX., nachdem er sich mit Otto von Arckel, der seine Ansprüche wieder erhob, verglichen hatte. Er stiftete 1393 mit mehren benachbarten Herren den Orden vom Rosenkranz und starb 1394. Sein Sohn Adolf II. vereinigte, da sein Bruder Dietrich 1398 ohne Erben starb, die Grafschaft Mark mit Kleve und wurde 1417 vom Kaiser Sigismund zum Herzog von Kleve erhoben.
Ihm folgte 1448 sein Sohn Johann (II.) I., 1481 sein Sohn Johann (III.) II.; sein Sohn Johann (IV.) III., der durch seine Gemahlin Marie, Tochter des Herzogs Wilhelm VIII. von Jülich und Berg, schon seit 1511 Herzog von Jülich und Berg war, und vereinigte nun die Herzogtümer Jülich und Berg mit Kleve. Er führte 1533 die Reformation in seinen Staaten ein, machte mit dem Herzog Karl von Geldern einen Vertrag, dass wenn dieser ohne Erben stürbe, Geldern und Zütphen an Kleve käme, und als Karl starb, wurde 1538 Johanns Sohn, Wilhelm der Reiche, Herzog, und als sein Vater 1539 starb, vereinigte er Geldern und Zütphen mit seinen Erbstaaten; doch musste er jene Länder schon 1543 an den Kaiser Karl V. abtreten (siehe Geldern). Wilhelm (†1592) folgte sein Sohn Johann Wilhelm, bisher Administrator des Bistums zu Münster. Nach seinem unbeerbten Tode 1609 prätendierten mehrere fürstliche Häuser die hinterlassenen Länder (Klevescher Erfolgestreit). Auf die Erbschaft erhob Ansprüche zuerst das Gesammthaus Sachsen, wegen eines kaiserlichen, durch Friedrich IV. 1483 an Herzog Albert gegebnen, durch Maximilian I. 1486 bestätigten Versprechens, dass Kleve, im Fall der Mannsstamm desselben ausstürbe, an das Haus Sachsen fallen sollte, und dann die Ernestinische Linie desselben wegen einer Heirat Sibyllens, Tochter Johanns III., Herzogs von Kleve, mit dem Kurfürsten Johann Friedrich und wegen eines durch Karl V. 1544 bestätigten Ehekontrakts, kraft dessen beim Aussterben des kleveschen Mannstammes die Erbschaft an das Haus Sachsen fallen sollte. Hiergegen behaupteten die vier Schwestern des letzten Herzogs Johann Wilhelm und ihre Nachkommen, dass ihnen die Nachfolge zustehe. Die älteste derselben, Marie Eleonore, war an den letzten Herzog Albrecht Friedrich von Preußen vermählt gewesen und noch vor ihrem Bruder gestorben, hatte aber eine Tochter, Anna, hinterlassen, welche an den Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg verheiratet war und sich als die Erbin der Ansprüche jener betrachtete. Die andern drei Schwestern Johann Wilhelms lebten aber noch, nämlich Anna, welche an den Pfalzgrafen Philipp von Pfalz Neuburg, Magdalena, welche an den Herzog Johann von Pfalz-Zweibrücken, und die jüngste, Sibylle, welche an Karl, Markgrafen von Burgau, vermählt waren. Die Ansprüche der Letzteren erledigte aber bald ihr kinderloser Tod. Diese vier Erbprätendentinnen machten sich aber unter einander wieder die Erbschaft streitig, indem Brandenburg, als von der ältern Schwester stammend, die Erbschaft allein prätendierte, die zweite, Anna von Pfalz-Neuburg, aber behauptete, dass nur die noch lebenden Schwestern, nicht aber deren Kinder erbfolgefähig wären, und dass ihr, der ältesten unter den noch lebenden Schwestern, die alleinige Nachfolge zustände. Die beiden jüngern Schwestern verlangten dagegen eine Teilung der Erbschaft in vier gleiche Teile. Außerdem suchten der Herzog von Nevers, von Bouillon und der Graf von Manderscheit noch alte, auf Verwandtschaft durch frühere Heiraten mit dem Hause Kleve sich gründende Ansprüche hervor, gaben dieselben jedoch bald wieder auf. Gleich nach dem Tode Johann Wilhelms hatten sich Brandenburg und Pfalz-Neuburg in Besitz der Erbschaft gesetzt; sie stritten beide um den Besitz und einten sich nur, als sie sahen, wie Sachsen seine Ansprüche durch kaiserliche und spanische Hilfe durchzufechten bemüht war, und der Jülich-Klevesche Erbfolgekrieg brach nun aus. Österreich verlangte zunächst im Einverständnis mit Sachsen bis zum Austrag der Sachen Jülich, Kleve und Berg zu sequestrieren und ließ sogleich den Erzherzog Leopold mit kaiserlichen, den Erzherzog Albrecht mit spanischen Truppen aus den Niederlanden in die Herzogtümer einrücken. Erster überrumpelte und besetzte im Mai 1609 Jülich. Dies führte zu einer Verbindung zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg, die sich den 10. Juni 1609 durch den Rezess zu Dortmund verpflichteten, ihr Recht gemeinschaftlich zu verfechten. Zugleich veranlasste dies die Evangelische Union, welche sich zu Hall in Schwaben bildete, und welcher entgegen sich die Katholische Liga erhob. Der Kurfürst Joachim Sigismund von Brandenburg machte in Dänemark, Holstein und Lüneburg Anleihen, um ein Heer gegen die Österreicher aufstellen zu können, und schickte seinen Bruder, den Markgrafen Joachim Ernst von Ansbach, als Statthalter nach Kleve, und da der Prinz von Oranien von Holland aus ihn unterstützte, so vertrieb Ernst, mit Franzosen und Holländern verbunden, die Kaiserlichen bald und eroberte 1610 Jülich wieder. Als aber 1619 König Heinrich IV. von Frankreich ermordet worden und Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz gestorben war, verlor die Union ihren festen Halt, und um nur etwas zu erlangen, schloss der Kurfürst Johann Sigismund im Februar 1611 den Vergleich von Jüterbogk mit Sachsen, worin er die Belehnung dieses mit Jülich und Kleve anerkannte, Sachsen aber Brandenburg und Pfalz nicht zu hindern versprach, diese zu suchen; aber weder Pfalz noch Brandenburg wollten diesen Vertrag ratifizieren. Markgraf Joachim Ernst und der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Neuburg setzten nun die Regierung nicht ohne Bedrängnisse fort, denn das Land war durch den Krieg verheert und Grenzstreitigkeiten fanden immer zwischen beiden statt. Der Graf von Schwarzenberg, welcher 1609, als der letzte Herzog von Jülich starb, in brandenburgische Dienste getreten und 1610 Geheimrat geworden war, war übrigens die Seele der Gesamtregierung; er blieb es auch, als der Statthalter 1624 starb und durch seinen Neffen, den Kurprinzen von Brandenburg, Georg Wilhelm, ersetzt wurde. Aber euch er konnte die Verhältnisse nicht bessern, und um die immer größer werdende Entzweiung mit seinen Mitbewerbern zu heben, wollte der Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg seine Tochter Anna Sophie mit dem Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm von Neuburg vermählen und kam deshalb selbst nach Düsseldorf. Bei einem Banket entrüstete sich aber der Kurfürst über die Forderungen des Pfalzgrafen und gab ihm, vom Weine erhitzt, eine Ohrfeige. Wolfgang Wilhelm brach nun alle Verhandlungen ab, begab sich nach Bayern, wurde 1613 katholisch und so erhielt die Liga, Spanien und Österreich einen guten Bundesgenossen; Johann Sigismund dagegen nahm, um die Holländer und die Bewohner von Jülich, Kleve und Berg zu gewinnen, die Reformierte Konfession an.

Da nun die Truppen des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm den Kurprinzen Georg Wilhelm von Brandenburg von Düsseldorf nach Kleve vertrieben und auch Jülich bedrohten, so rückten auf Ansuchen des Statthalters Holländer dort ein. Zu gleicher Zeit erhielt der Erzherzog Albrecht, der Gouverneur der Spanischen Niederlande, von dem Kaiser Befehl, die Acht an Aachen und Mühlheim zu vollstrecken Der spanische General Spinola rückte in Aachen ein, unterdrückte hier den Protestantismus und zog dann mit dem Pfalzgrafen vereinigt gegen den Kurprinzen. Dieser rief die Holländer zu Hilfe, und Moritz von Oranien kam mit einem Heere. England und Frankreich sandten aber Gesandte nach Xanten, um die Besetzung Jülichs und Bergs durch Österreich zu verhindern. So wurde ein Vertrag zu Xanten am 12. Nov. 1614 vermittelt, nach dem die Jülich-kleveschen Länder geteilt werden sollten. Der Pfalzgraf erhielt Jülich und Berg, der Kurfürst von Brandenburg Kleve, Mark, Ravensberg und Ravenstein; alle fremden Truppen sollten abziehen. Aber die Spanier blieben im Jülichschen und in Wesel stehen, worauf die Holländer sich ebenfalls weigerten, Kleve zu räumen. Der Dreißigjährige Krieg änderte in diesem Verhältnis wenig. 1621 bemächtigten sich zwar die Österreicher und Neuburger wieder einiger von den Brandenburgern und Holländern besetzten Plätze, weil Georg Wilhelm seinem Schwager, dem Kurfürsten von der Pfalz, kurzen Aufenthalt an seinem Hofe gestattet hatte, aber 1624 stellte ein neuer Vergleich zu Düsseldorf, welcher den frühern bestätigte und 1629 erneuert wurde, die Ruhe wieder her. Obgleich 1630 bestimmt wurde, dass Kurbrandenburg das Herzogtum Kleve und die Grafschaft Mark, Pfalz-Neuburg aber Jülich, Berg, Ravenstein und Breskesand bekam, Ravensberg aber gemeinschaftlich blieb, so blieben doch die Spanier in dem pfalzneuburger Teil, die Holländer in dem brandenburgischen Teil stehen. 1644 bekam jedoch Brandenburg die von Hessen besetzten Städte in der Grafschaft Mark und im Kleveschen geräumt. Im Westfälischen Frieden 1648 suchten alle Parteien von Neuem ihre Ansprüche geltend zu machen, indessen wurden sie auf den prozessualen Weg verwiesen, und endlich schloss Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1666 mit dem Pfalzgrafen Philipp Wilhelm einen Erbvergleich, wonach Brandenburg im Besitz von Kleve, Mark und Ravensberg bleiben, Pfalz aber Jülich, Berg nebst den Herrschaften Winnenthal und Breskesand behalten sollte. Beide Fürsten sollten für sich und ihre Nachkommen den Titel und das Wappen aller dieser Länder führen. Die beiderseitigen Anforderungen auf Ravenstein wurden auf ein Kompromiss gestellt. Kaiser Leopold bestätigte 1678 diesen Vergleich. Preußen und Pfalz führten nun das Kodirektorium und Ausschreibeamt bei dem Westfälischen Kreistage abwechselnd. Preußen blieb von jetzt an im Besitze des eigentlichen Herzogtums bis zum Lüneviller Frieden 1801, in welchem es den Teil auf der linken Rheinseite (etwa 18 QM.) an Frankreich abtrat; welches denselben mit dem Rurdepartement vereinigte. Die Distrikte Sevenaer, Huissen und Malburg kamen 1803 an die Batavische Republik. 1805 trat Preußen auch den auf der rechten Rheinseite gelegnen Teil von Kleve ab, welchen Napoleon, außer der zum Rurdepartement gezogenen Stadt und Festung Wesel, zu dem 1806 gegründeten Großherzotum Berg schlug, 1810 aber wieder das nördlichste Stück desselben diesem abnahm und mit dem französischen Departement Oberyssel verband. Nach der Auflösung des Großherzogtums Berg 1814 und durch die Zurückgabe des linken Rheinufers gelangte Preußen, mit Ausnahme der Distrikte Sevenaer, Haissen und Malburg, welche dem Königreich der Niederlande und dessen Provinz Geldern verblieben, wieder zum Besitz, des Herzogthums Kleve und schlug dasselbe zum Regierungsbezirk Düsseldorf.
Vgl. Cher, Geschichte des Herzogthums Kleve, Kleve 1845.


Leicht variierende Angaben zur Zählweise und zu den Daten hat der Heimatverein in Kleve zusammengetragen: Siehe hier.

Stammbaum der kleveschen Grafen siehe hier.

Dietrich I. (III.)1092-1119
Arnold I. (I.)1119-1147
Dietrich III.(IV.)1147-1172
Dietrich IV. (V.)1172-1193
? Dietrich IV.1188-1198 ?
? Arnold II.(II.)1198-1201 ?
Dietrich V. (VI.)1193-1260
Dietrich VI. (VII.)1260-1275
Dietrich VII.(VIII.)1275-1305
Otto 1305-1311
Dietrich VIII.(IX.)1311-1347
Johann 1347-1368

Kleve
Adolf I.1368-1394
Adolf IV.1394/1417-1448ab 1417 Herzogtum
Johann I.1448-1481
Johann II.1481-1521
Johann III.1521-1539 Herzog von Jülich-Berg1511-1539
Wilhelm der Reiche1539-1592 Herzog von Jülich-Kleve-Berg
Johann Wilhelm1592-1609 Herzog von Jülich-Kleve-Berg


Detailansicht für Kleve (Clivia Ducatus) zum Ende des 30-jährigen Krieges: siehe hier