Langfristige Kredite (F.42)

5.73 Definition:

Transaktionen mit langfristigen Krediten (F.41) betreffen Kredite mit langer ursprünglicher Laufzeit (siehe 5.22).

5.74 Transaktionen mit Krediten (F.4) können von den Transaktionen mit Einlagen (F.22, F.29) häufig anhand des Transaktionspartners, von dem die Initiative zu der Transaktion ausgeht, unterschieden werden. Geht sie vom Schuldner aus, liegt ein Kredit vor. Geht sie vom Gläubiger aus, ist die Transaktion den Einlagen zuzuordnen. Die Frage, wer eine Transaktion initiiert hat, ist allerdings häufig eine Ermessensfrage.

5.75 Vereinbarungsgemäß gilt folgendes: Kurzfristige Kredite an gebietsansässige oder gebietsfremde Kreditinstitute werden in der Regel den Sichteinlagen (AF.22) oder den sonstigen Einlagen (AF.29) zugeordnet. Dagegen werden kurzfristige Einlagen bei gebietsansässigen oder gebietsfremden institutionellen Einheiten, bei denen es sich nicht um geldschöpfende Finanzinstitute handelt, normalerweise zu den kurzfristigen Krediten (AF.41) gezählt. Einlagen sind daher überwiegend Verbindlichkeiten von gebietsansässigen und gebietsfremden geldschöpfenden Finanzinstituten (siehe 5.44 und 5.49), während kurzfristige Kredite im Kontensystem in der Regel nicht als Verbindlichkeiten von geldschöpfenden Finanzinstituten vorkommen.

5.76 Für Analysezwecke ist es u. U. sinnvoll, Ausnahmen von diesen Vereinbarungen vorzusehen. Dies gilt z. B. für Spareinlagen beim Staat und Transaktionen zwischen geldschöpfenden Finanzinstituten, in der Form eines vorübergehenden Tausches von Warengold gegen Einlagen (siehe 5.81 e).
(Transaktionen zwischen der Zentralbank und Kreditinsituten, bei denen sich die Zentralbank bei einem anderen Kreditinstitut Fremdwährung gegen eine Einlage bei der Zentralbank beschafft und sich die Transaktionspartner verpflichten, die Transaktion zu einem späteren Zeitpunkt umzukehren, werden nicht der Position Kredite zugeordnet. In diesem Punkt weicht das ESVG vom SNA 1993 (11.33) ab.)

5.77 Transaktionen mit Krediten (F.4) sollten anhand des Grades der Marktfähigkeit der Forderungen und der sich daraus ergebenden Implikationen von den Transaktionen mit Wertpapieren (ohne Anteilsrechte) (F.3) abgegrenzt werden.

5.78 Wertpapieremissionen bestehen aus einer großen Zahl identischer Papiere, die jeweils auf einen runden Betrag lauten und zusammen den gesamten aufgenommenen Betrag ausmachen. Dagegen basiert ein Kredit in der Regel nur auf einem Vertrag und Transaktionen mit Krediten finden nur zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner statt. Konsortialkredite werden allerdings von mehreren Gläubigern gewährt.

5.79 Sekundärhandel mit Krediten, d.h. der Kauf oder Verkauf bestehender Kredite ist möglich, kommt jedoch nur selten vor. Wird ein Kredit an einem organisierten Markt handelbar, ist er bei den Wertpapieren (ohne Anteilsrechte) auszuweisen. In der Regel findet in einem solchen Fall eine ausdrückliche Umwandlung des ursprünglichen Kredits statt (siehe 5.62 j und 5.62 k).

5.80 Standardkredite werden meist von Kreditinstituten angeboten und häufig privaten Haushalten gewährt. Das Kreditinstitut legt die Kreditbedingungen fest, während die privaten Haushalt sie lediglich annehmen können oder nicht. Die Bedingungen von Nichtstandardkrediten werden dagegen in der Regel zwischen Gläubiger und Schuldner ausgehandelt. Dies ist ein wichtiges Kriterium, das die Unterscheidung zwischen Nichtstandardkrediten und Wertpapieren erleichtert. Bei öffentlichen Emissionen von Wertpapieren werden die Bedingungen vom Schuldner (eventuell in Absprache mit seiner Bank/dem Konsortialführer) festgelegt. Bei Privatplazierungen werden die Bedingungen der Emission allerdings zwischen Schuldner und Gläubiger ausgehandelt (siehe 5.62 i).

5.81 Zu den Krediten (AF.4) zählen:

  1. Salden auf Kontokorrentkonten einschließlich firmeninterner Salden zwischen nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften und ihren gebietsfremden Tochtergesellschaften. Nicht dazu zählen Forderungen gegenüber Kreditinstituten, die zu den Einlagen rechnen;
  2. Aus Gewinnbeteiligung an Kapitalgesellschaften resultierende Guthaben von Arbeitnehmern;
  3. Rückzahlbare Einschußzahlungen im Zusammenhang mit Finanzderivaten, bei denen es sich um Verbindlichkeiten von institutionellen Einheiten handelt, die keine geldschöpfenden Finanzinstitute sind (siehe 5.46 e);
  4. Kurzfristige Rückkaufvereinbarungen, bei denen es sich um Verbindlichkeiten von institutionellen Einheiten handelt, die keine geldschöpfenden Finanzinstitute sind (siehe 5.46 f) sowie langfristige Rückkaufvereinbarungen;
  5. Kredite aufgrund des vorübergehenden Tausches von Warengold gegen Einlagen. Derartige Transaktionen sind in wirtschaftlicher Hinsicht mit einem Lombardkredit vergleichbar, da der Käufer des Goldes dem Verkäufer einen Kredit gewährt, der während der Laufzeit der entsprechenden Vereinbarung durch das Gold gesichert ist, und dafür eine Vergütung erhält, die sich aus dem festgelegten Rückkaufpreis des Goldes ergibt;
  6. Kredite, die Bankakzepten gegenüberstehen (siehe 5.58 d);
  7. Verpflichtungen aus Finanzierungsleasing und Teilzahlungskauf; (Siehe Anhang II "Leasing und Teilzahlungskauf".)
  8. Kredite zur Finanzierung von Handelskrediten;
  9. Hypothekarkredite;
  10. Konsumentenkredite;
  11. revolvierende Kredite;
  12. Ratenkredite;
  13. Kredite, die als Sicherheit für die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen ausgezahlt werden.

5.82 Zu den Krediten gehören ferner:

  1. Forderungen und Verbindlichkeiten aufgrund des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten. Diese Kredite werden vom Europäischen Währungsinstitut verwaltet;
    (Artikel 6.1 dritter Spiegelstrich des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Satzung des Europäischen Währungsinstituts.)
  2. Forderungen gegenüber dem IWF, denen Kredite im Rahmen der allgemeinen Kreditvereinbarungen oder im Rahmen spezieller Kreditvereinbarungen mit den IWF-Mitgliedstaaten zugrunde liegen;
  3. Verbindlichkeiten gegenüber dem IWF, denen Kredite im Rahmen der Strukturanpassungsfazilität, der Erweiterten Strukturanpassungsfazilität oder des Treuhandfonds zugrunde liegen.
5.83 Nicht zu den Krediten gehören:
  1. sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten (AF.7), einschließlich Handelskrediten und Anzahlungen (AF.71);
  2. Forderungen und Verbindlichkeiten, die entstehen, wenn Gebietsfremde Eigentümer von Grundstücken oder Gebäuden sind. Sie werden den sonstige Anteilsrechten (AF.513) zugeordnet (siehe 5.95 f).
5.84 Kredite können bei allen Sektoren und der übrigen Welt als Forderungen und Verbindlichkeiten vorkommen. Kurzfristige Kredite sind im ESVG allerdings normalerweise keine Passiva von geldschöpfenden Finanzinstituten.

5.85 Im ESVG werden die Kredite normalerweise in kurzfristige und langfristige aufgegliedert. Für Analysezwecke kann es insbesondere bei langfristigen Krediten dennoch sinnvoll sein, Konsumentenkredite (*), Hypothekarkredite (**) und sonstige Kredite zu unterscheiden.

(*) Konsumentenkredite sind Kredite an private Haushalte, die diese nicht zu beruflichen oder geschäftlichen Zwecken eingehen. Hypothekarkredite zur Finanzierung des Baus oder Kaufs von Wohnungen (hierzu gehören u. a. Zwischenkredite) gehören nicht zu den Konsumentenkrediten. Konsumentenkredite sind ausschließlich Kredite für den Kauf von Waren und/oder Dienstleistungen, die von privaten Haushalten individuell verbraucht werden. Aufgrund von in der Praxis bestehenden nationalen Unterschieden ist diese Definition u. U. leicht abzuändern.

(**) Hypothekarkredite sind langfristige Kredite, die durch eine Hypothek auf Wohngrundstücke gesichert sind, die vom Kreditnehmer selbst genutzt werden. Aufgrund von in der Praxis bestehenden nationalen Unterschieden ist diese Definition u. U. leicht abzuändern.