Finanzderivate (F.34)
5.65
Definition:
Transaktionen mit Finanzderivaten sind solche mit Forderungen, die auf einem
anderen Instrument basieren oder aus ihm abgeleitet sind. Bei dem einem
Finanzderivat zugrunde liegenden Instrument handelt es sich in der Regel um eine andere
Forderung, in bestimmten Fällen jedoch auch um eine Ware oder einen Index.
5.66
Finanzderivate werden auch als sekundäre Finanzinstrumente oder als
Hedging-(Absicherungs-)Instrumente bezeichnet, da sie häufig der Risikominderung dienen.
Im ESVG gelten nur diejenigen sekundären Finanzinstrumente als Forderung, die
einen Marktwert besitzen und folglich handelbar sind oder am Markt verrechnet
werden können. Nur diese werden unter den Finanzderivaten (AF.34) ausgewiesen
(siehe 5.05).
5.67
Zu den Finanzderivaten zählen:
- handelbare Optionen und Freiverkehrsoptionen (OTC-Optionen). Optionen sind
Eventualforderungen, durch die der Käufer der Option das Recht, jedoch nicht die
Verpflichtung, erwirbt, innerhalb einer bestimmten Frist (amerikanische Option)
oder zu einem bestimmten Zeitpunkt (europäische Option) finanzielle oder
nichtfinanzielle Aktiva (das Basisinstrument) zu einem festgelegten Preis (dem Basis-
oder Ausübungspreis) vom Optionsverkäufer zu kaufen (Kaufoption) oder an
diesen zu verkaufen (Verkaufsoption). Der Optionskäufer zahlt eine Prämie (den
Optionspreis) dafür, daß sich der Optionsverkäufer verpflichtet, den vereinbarten
Betrag des Basisinstrument zu dem vereinbarten Betrag zu verkaufen bzw. zu kaufen
oder auf Aufforderung des Käufers eine entsprechende Vergütung zu zahlen.
Diese Verpflichtung wird vereinbarungsgemäß als Verbindlichkeit des Optionsverk
ufers behandelt, da der Optionspreis den jeweiligen Kosten entspricht, die dem
Verkäufer entstehen würden, wenn er sich aus seiner Eventualverbindlichkeit
freikaufen würde;
- Optionsscheine, die eine Art von handelbaren Optionen sind. Sie berechtigen
ihren Inhaber, vom Emittenten des Optionsscheins (in der Regel eine
Kapitalgesellschaft) während eines bestimmten Zeitraums eine bestimmte Anzahl von Aktien
oder Anleihen zu bestimmten Bedingungen zu kaufen. Es gibt ferner Währungsoptionsscheine, deren Wert auf dem Betrag einer Währung basiert, der erforderlich ist,
um eine andere Währung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder während eines
bestimmten Zeitraums zu kaufen, sowie Währungsoptionsscheine, die an Drittwährungen
gekoppelt sind ("cross-currency warrants"). Man geht vereinbarungsgemäß davon aus, daß der Emittent derartiger
Wertpapiere eine Verbindlichkeit eingeht, die den jeweiligen Kosten entspricht, die ihm
entständen, wenn er sich aus seiner Eventualverbindlichkeit freikaufen würde;
- Termingeschäfte, jedoch nur, wenn sie einen Marktwert besitzen, da sie
handelbar sind oder verrechnet werden können. Termingeschäfte enthalten die Zusage,
eine bestimmte Menge einer standardisierten Basisgröße, bei der es sich um eine
Ware, eine Währung oder ein Wertpapier handeln kann, zu einem bestimmten
Zeitpunkt oder während eines bestimmten Zeitraums zu einem festgelegten Preis zu
liefern oder abzunehmen. Bei der Basisgröße kann es sich auch um einen Index handeln;
- Swaps, jedoch nur, wenn sie einen Marktwert besitzen, da sie
handelbar sind oder verrechnet werden können. Swaps sind Verträge, in denen
Vertragspartner vereinbaren, Zahlungen, die sich auf gleiche Verbindlichkeiten
beziehen, während eines bestimmten Zeitraums zu im Voraus festgelegten
Bedingungen zu leisten. Am häufigsten kommen Zins-, Devisen- und Währungsswaps
vor. Bei Zinsswaps werden unterschiedliche Zinszahlungen ausgetauscht, z. B.
Zahlungen eines festen gegen Zahlungen eines variablen Zinssatzes oder Zahlungen
auf der Basis von zwei verschiedenen variablen Zinssätzen bzw. Zahlungen auf der
Basis eines festen Zinssatzes in einer Währung gegen Zahlungen auf der Basis
eines variablen Zinssatzes in einer anderen Währung usw. Devisenswaps (einschließlich
sämtlicher Terminkontrakte) sind Devisengeschäfte zu einem im Voraus
festgelegten Wechselkurs. Bei Währungsswaps werden bestimmte Beträge von zwei
verschiedenen Währungen mit nachfolgenden Rückzahlungen einschließlich der Zins-
und Tilgungszahlungen während eines bestimmten Zeitraums zu im Voraus
festgelegen Bedingungen ausgetauscht. Keine der daraus resultierenden Zahlungen
wird im Kontensystem als Vermögenseinkommen behandelt, und alle
Ausgleichszahlungen werden im Finanzierungskonto gebucht;
Forward Rate Agreements (FRA), soweit diese einen Marktwert
besitzen, da sie handelbar sind oder verrechnet werden können. Forward Rate
Agreements sind Verträge zwischen zwei Transaktionspartnern, in denen diese, um
sich gegen Zinsrisiken zu schützen, einen Zinssatz vereinbaren, der zu einem
bestimmten Erfüllungstag auf einen fiktiven Kapitalbetrag zu zahlen ist, der
selbst nie ausgetauscht wird. Die Zahlungen ergeben sich aus der Differenz
zwischen dem vereinbarten FRA-Satz und dem am Erfüllungstag geltenden
Marktzinssatz. Sie werden im Kontensystem nicht als Vermögenseinkommen, sondern
als Finanzderivate gebucht.
5.68 Nicht zu den Finanzderivaten (AF.34) rechnen:
- das einem Finanzderivat zugrunde liegende Instrument;
- rückzahlbare Einschußzahlungen im Zusammenhang mit Finanzderivaten. Sie werden
je nach den beteiligten institutionellen Einheiten den sonstigen Einlagen
(AF.29) (siehe 5.46 e) oder den Krediten (AF.4) (siehe 5.81 c) zugeordnet;
- sekundäre Finanzinstrumente, die nicht handelbar sind und nicht am Markt
verrechnet werden können.