Unterscheidung der institutionellen Einheiten nach der Marktbestimmung

3.27 Für die institutionellen Einheiten als Produzenten gibt Tabelle 3.1 einen Überblick über die Unterscheidung nach marktbestimmt, nichtmarktbestimmt für die Eigenverwendung und sonstig nichtmarktbestimmt. Die Auswirkungen auf die Klassifizierung nach Sektoren werden ebenfalls gezeigt.

Tabelle–3.1: Institutionelle Einheiten nach Marktproduzenten, Produzenten für die Eigenverwendung und sonstigen Nichtmarktproduzenten

Art der institutionellen Einheit

Zuordnung
Privat oder öffentlich?




Organisationen ohne Erwerbszweck oder nicht?

Deckt der Umsatz mehr als 50–% der Kosten?

Produzenten-
typ

Sektor(en)

1.–Private Produzen-
ten








1.1 Privaten Haushalten gehörende Unternehmen ohne eigene Rechts-
persönlichkeit (ohne privaten Haushalten gehörende Quasi- Kapitalgesell-
schaften)


























1.1–=–marktbe-
stimmt oder für die Eigen-
verwendung







Private Haushalte









1.2 Sonstige private Produzenten (einschließlich privaten Haus-
halten gehörende Quasi- Kapital-
gesellschaften)




1.2.1 Organisationen ohne Erwerbszweck (privat)




1.2.1.1 Ja




1.2.1.1–= marktbestimmt




Kapitalgesell-
schaften







1.2.1.2 Nein

1.2.1.2–=–
sonstige nichtmarktbe-
stimmt

Private Organisa-
tionen ohne Erwerbszweck




1.2.2 Sonstige private Produzenten, die keine Organisationen ohne Erwerbszweck sind



1.2.2 = marktbestimmt

Kapitalgesell-
schaften

2. Öffent-
liche Pro-
duzenten












2.1 Ja




2.1–=–markt-
bestimmt











2.2 Nein


2.2–=–sonstige nichtmarktbe-
stimmt

Kapitalgesell-
schaften
Staat

Die Tabelle zeigt, daß zur Beantwortung der Frage, ob eine institutionelle Einheit als Marktproduzent, als Nichtmarktproduzent für die Eigenverwendung oder als sonstiger Nichtmarktproduzent zu klassifizieren ist, nacheinander mehrere Unterscheidungen vorgenommen werden sollten.

3.28 Die erste Unterscheidung ist die zwischen privaten und öffentlichen Produzenten. Ein öffentlicher Produzent ist ein Produzent, der vom Staat kontrolliert wird. Eine öffentliche Organisation ohne Erwerbszweck wird vom Staat kontrolliert und im wesentlichen finanziert. Alle sonstigen Produzenten sind private Produzenten. Kontrolle wird definiert als die Fähigkeit, die allgemeine (Unternehmens-) Politik oder das allgemeine Programm einer institutionellen Einheit zu bestimmen, erforderlichenfalls durch Einsetzung geeigneter Direktoren oder Manager. Der Besitz der Aktienmehrheit an einer Kapitalgesellschaft ist eine ausreichende, aber nicht notwendige Voraussetzung für die Kontrolle (siehe 2.26).

3.29 Wie aus Tabelle 3.1 hervorgeht, gibt es private Produzenten in allen Sektoren mit Ausnahme des Sektors Staat. Öffentliche Produzenten hingegen kommen nur in den Sektoren der Kapitalgesellschaften (nichtfinanzielle und finanzielle Kapitalgesellschaften) und im Sektor Staat vor.

3.30 Eine besondere Kategorie von privaten Produzenten stellen die privaten Haushalten gehörenden Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit dar. Sie sind immer Marktproduzenten oder Nichtmarktproduzenten für die Eigenverwendung. Bei letzteren handelt es sich um Eigentümer eigengenutzter Wohnungen und um Warenproduzenten für die Eigenverwendung. Alle privaten Haushalten gehörenden Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit werden zum Sektor der privaten Haushalte gerechnet. Eine Ausnahme gilt für die privaten Haushalten gehörenden Quasi-Kapitalgesellschaften. Sie sind Marktproduzenten und werden in die Sektoren nichtfinanzielle und finanzielle Kapitalgesellschaften eingeordnet.

3.31 Bei den verbleibenden privaten Produzenten sollte zwischen Organisationen ohne Erwerbszweck (privat) und sonstigen privaten Produzenten unterschieden werden.

Definition:

Eine Organisation ohne Erwerbszweck wird definiert als eine zur Produktion von Waren und Dienstleistungen gebildete rechtliche oder soziale Einheit, deren Rechtsstellung es ihr verbietet, den sie gründenden, kontrollierenden oder finanzierenden Einheiten als Einkommens-, Gewinn- oder sonstige Verdienstquelle zu dienen. In der Praxis ist ihre Produktionstätigkeit dazu bestimmt, entweder Überschüsse oder Defizite zu erwirtschaften, wenn sie jedoch Überschüsse erzielt, können diese nicht von anderen institutionellen Einheiten entnommen werden.

Alle sonstigen privaten Produzenten, die keine Organisationen ohne Erwerbszweck sind, sind Marktproduzenten. Sie werden in die Sektoren nichtfinanzielle und finanzielle Kapitalgesellschaften einbezogen.

3.32 Um den Produzententyp und den Sektor zu ermitteln, dem Organisationen ohne Erwerbszweck (privat) zuzuordnen sind, ist das 50 %-Kriterium anzuwenden:

  1. werden mehr als 50 % der Produktionskosten durch Umsätze (Verkaufserlöse, Gebühreneinnahmen u.ä.) gedeckt, so ist die institutionelle Einheit ein Marktproduzent und wird in die Sektoren nichtfinanzielle und finanzielle Kapitalgesellschaften eingeordnet;
  2. werden weniger als 50 % der Produktionskosten durch Umsätze gedeckt, so ist die institutionelle Einheit ein sonstiger Nichtmarktproduzent und wird in den Sektor private Organisationen ohne Erwerbszweck eingeordnet. Zu den sonstigen Nichtmarktproduzenten gehörende Organisationen ohne Erwerbszweck, die vom Staat kontrolliert und größtenteils finanziert werden, werden jedoch in den Sektor Staat einbezogen.
3.33 Bei der Unterscheidung zwischen Marktproduzenten und sonstigen Nichtmarktproduzenten nach dem 50 %-Kriterium werden Umsatz und Produktionskosten wie folgt definiert:

  1. Umsatz umschließt nicht die Gütersteuern, schließt aber die Zahlungen des Staates oder der Institutionen der Europäischen Union ein, die allen Produzenten eines Wirtschaftsbereichs gewährt werden und an das Volumen oder den Wert der Produktion gebundene Zahlungen sind, während Zahlungen zur Deckung eines Gesamtdefizits ausgenommen werden;

    Diese Abgrenzung des Umsatzes entspricht der der Produktion zu Herstellungspreisen, mit folgenden Unterschieden:

    (1) die Produktion zu Herstellungspreisen wird erst definiert, nachdem geklärt worden ist, ob es sich um Marktproduktion oder um sonstige Nichtmarktproduktion handelt. Der Umsatz wird nur zur Bewertung der Marktproduktion verwendet, während die sonstige Nichtmarktproduktion anhand von Kosten bewertet wird;

    (2) die Zahlungen des Staates zur Deckung eines Gesamtdefizits öffentlicher Kapital- oder Quasi-Kapitalgesellschaften sind Teil der sonstigen Gütersubventionen gemäß Definition in Abschnitt 4.35 c). Die marktbestimmte Produktion zu Herstellungspreisen umschließt folglich auch diese Zahlungen des Staates;

  2. zu den Produktionskosten zählen die Vorleistungen, Arbeitnehmerentgelte, Abschreibungen und sonstigen Produktionsabgaben. Für das hier angewandte Kriterium werden die sonstigen Subventionen nicht abgezogen. Um bei der Anwendung des 50 %-Kriteriums die Konsistenz zwischen Umsatz und Produktionskosten zu gewährleisten, sollten die Kosten für selbsterstellte Anlagen für diesen Zweck nicht in die Produktionskosten einbezogen werden.

Bei der Anwendung des 50 %-Kriteriums sollten mehrere Jahre berücksichtigt werden. Nur wenn das Kriterium für eine Reihe von Jahren erfüllt ist oder wenn es für das laufende Jahr erfüllt ist und dies auch für die nahe Zukunft zu erwarten ist, sollte es strikt angewandt werden. Geringfügige Umsatzschwankungen von einem Jahr zum andern erfordern keine Neueinstufung der institutionellen Einheiten (und ihrer örtlichen FE sowie ihrer Produktion).

3.34 Der Umsatz kann aus verschiedenen Elementen bestehen. Bei den medizinischen Versorgungsleistungen eines Krankenhauses kann er zum Beispiel enthalten:

  1. Käufe durch Arbeitgeber, die als Sacheinkommen ihrer Arbeitnehmer und als Konsumausgabe gebucht werden;
  2. Käufe durch private Versicherungsgesellschaften;
  3. Käufe durch die Sozialversicherung und den Staat, die als soziale Sachleistungen ausgewiesen werden;
  4. Käufe durch private Haushalte ohne Erstattung (Konsumausgaben).

Empfangene sonstige Subventionen und Geschenke (zum Beispiel von Wohlfahrtseinrichtungen) rechnen nicht zum Umsatz.

Analog können verkaufte Verkehrsleistungen eines Produzenten enthalten sein in den Vorleistungen anderer Produzenten, in den von Arbeitgebern bereitgestellten Sacheinkommen, den vom Staat gewährten sozialen Sachleistungen sowie in den K ufen privater Haushalte ohne Erstattung.

3.35 Organisationen ohne Erwerbszweck im Dienst von Kapitalgesellschaften sind ein Sonderfall. Sie werden gewöhnlich durch Mitgliedsbeiträge oder sonstige Zahlungen der betroffenen Gruppe von Kapitalgesellschaften finanziert. Diese Mitgliedsbeiträge werden im ESVG jedoch nicht als Transfers behandelt, sondern als Zahlungen für erbrachte Dienstleistungen, d.h. als Umsatz. Diese Organisationen ohne Erwerbszweck sind somit stets Marktproduzenten und werden in die Sektoren nichtfinanzielle und finanzielle Kapitalgesellschaften eingeordnet.

3.36 Bei der Anwendung des 50 %-Kriteriums auf den Umsatz und die Produktionskosten von Organisationen ohne Erwerbszweck (private oder öffentliche) kann die Einbeziehung aller an das Produktionsvolumen gebundenen Zahlungen in den Umsatz in einigen Sonderfällen irreführend sein. Dies gilt beispielsweise für die Finanzierung privater und öffentlicher Schulen. Die Zahlungen des Staates können an die Schülerzahl gebunden sein, aber Gegenstand von Verhandlungen mit dem Staat sein. In diesen Fällen sind sie nicht unbedingt als Umsatz zu betrachten, wenngleich sie in deutlichem Zusammenhang mit dem Produktionsvolumen (der Schülerzahl) stehen. Daraus ergibt sich, daß eine hauptsächlich durch derartige Zahlungen finanzierte Schule ein sonstiger Nichtmarktproduzent ist. Wenn die Schule ein öffentlicher Produzent ist, d.h. wenn sie im wesentlichen vom Staat finanziert und kontrolliert wird, sollte sie beim Sektor Staat eingeordnet werden. Ist sie ein privater sonstiger Nichtmarktproduzent, so sollte sie in den Sektor private Organisationen ohne Erwerbszweck eingeordnet werden.

3.37 Öffentliche Produzenten können Marktproduzenten oder sonstige Nichtmarktproduzenten sein. Wenn das 50 %-Kriterium ergibt, daß die institutionelle Einheit als Marktproduzent zu betrachten ist, wird sie in die Sektoren nichtfinanzielle und finanzielle Kapitalgesellschaften eingeordnet. Das 50 %-Kriterium ist auch ausschlaggebend dafür, wann eine staatliche Einheit als dem Staat gehörende Quasi-Kapitalgesellschaft behandelt werden sollte. Nur wenn das 50 %-Kriterium erfüllt ist, sollte von einer Quasi-Kapitalgesellschaft ausgegangen werden. Ist die institutionelle Einheit ein sonstiger Nichtmarktproduzent, so wird sie in den Sektor Staat einbezogen. Die Unterscheidung zwischen Organisationen ohne Erwerbszweck und sonstigen Produzenten ist damit für die Klassifizierung öffentlicher Produzenten irrelevant.