(Siehe Kapitel 7 "Vermögensbilanzen" und Kapitel 8 "Kontenabfolge und Kontensalden".)
1.48 In den Konten werden für einen bestimmten Aspekt des Wirtschaftsgeschehens das Aufkommen und die Verwendung von Gütern und finanziellen Mitteln, die Veränderungen von Aktiva und Passiva während des jeweiligen Rechnungszeitraums oder die Bestände an Aktiva und Passiva am Anfang und am Ende dieses Zeitraums gebucht.
1.49 Im ESVG wird die rechte Seite der Konten für die laufenden Transaktionen als Aufkommensseite bezeichnet. Hier werden die Transaktionen gebucht, die für eine Einheit oder einen Sektor zu einer Wertzunahme führen. Die linke Kontenseite, auf der die Transaktionen ausgewiesen werden, die für eine Einheit oder einen Sektor einen Werteabfluß bewirken, wird als Verwendungsseite bezeichnet
Die rechte Seite der Vermögensänderungskonten wird mit "Veränderung der Passiva", die linke Seite mit "Veränderung der Aktiva" überschrieben.
In den Vermögensbilanzen werden auf der rechten Seite die Verbindlichkeiten und das Reinvermögen (letzteres bildet die Differenz zwischen den Aktiva und den Verbindlichkeiten) ausgewiesen und auf der linken Seite die Aktiva. Ein Vergleich von zwei aufeinanderfolgenden Vermögensbilanzen zeigt die Veränderung der Verbindlichkeiten und des Reinvermögens sowie der Aktiva innerhalb einer Periode.
Betrachtet man die Gesamtheit der Einheiten und Sektoren, so gilt für die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen das Prinzip der vierfachen Buchung, da an den meisten Transaktionen zwei institutionelle Einheiten beteiligt sind und jede dieser Transaktionen bei den beteiligten Transaktionspartnern zweimal zu buchen sind. So wird z. B. eine vom Staat an einen privaten Haushalt gezahlte soziale Geldleistung in den Konten des Staates auf der Verwendungsseite unter den Transfers und als Minderung der Aktiva unter Bargeld und Einlagen gebucht, während sie in den Konten des Sektors Private Haushalte auf der Aufkommensseite unter den Transfers und als Zunahme von Aktiva unter Bargeld und Einlagen ausgewiesen wird.
Für Transaktionen, die innerhalb einer Einheit stattfinden (etwa der Verbrauch von selbst produzierten Waren und Dienstleistungen), sind dagegen lediglich zwei Buchungen vorzunehmen, deren Werte geschätzt werden müssen.
1.51 Abgesehen von einigen Angaben über die Bevölkerung und Erwerbstätigkeit werden im ESVG alle Strom- und Bestandsgrößen in monetären Maßeinheiten ausgewiesen. Dabei wird nicht versucht, den Nutzwert zu ermitteln. Die Angaben zu den Strom- und Bestandsgrößen basieren vielmehr auf ihrem Tauschwert, d.h. dem Wert, zu dem sie effektiv gegen Bargeld eingetauscht werden bzw. eingetauscht werden könnten. Im ESVG erfolgt die Bewertung daher grundsätzlich anhand von Marktpreisen.
1.52 Im Falle von monetären Transaktionen und von monetären Forderungen und Verbindlichkeiten liegen die benötigten Werte unmittelbar vor. In den meisten anderen Fällen sollten zur Bewertung die Marktpreise vergleichbarer Waren, Dienstleistungen oder Vermögenswerte herangezogen werden. Dieses gilt beispielsweise für den Tauschhandel und für Dienstleistungen aus eigengenutzten Wohnungen. Liegen keine Marktpreise vergleichbarer Güter vor, wie etwa bei nichtmarktbestimmten Dienstleistungen des Staates, so sind zur Bewertung die Produktionskosten heranzuziehen. Kann keines der beiden Verfahren eingesetzt werden, können die Strom- und Bestandsgrößen anhand des Gegenwartswertes der erwarteten künftigen Erträge bewertet werden. Da dieses Verfahren mit großen Unsicherheiten behaftet ist, wird es jedoch nur als letzte Möglichkeit empfohlen.
1.53 Bestandsgrößen sind zu den am Bilanzstichtag geltenden jeweiligen Preisen zu bewerten und nicht zu den Preisen, die zum Zeitpunkt der Produktion oder des Erwerbs der Waren bzw. Vermögenswerte galten, aus denen sich die Bestände zusammensetzen. Bisweilen ist es erforderlich, Bestandsgrößen mit den jeweiligen Wiederbeschaffungspreisen oder den Produktionskosten abzüglich der kumulierten Abschreibungen zu bewerten.
Besondere Regeln für die Bewertung von Gütern (Kapitel 3)
1.54 Wegen der Transportkosten, Handelsspannen und Gütersteuern abzüglich Gütersubventionen stellt sich der Wert eines bestimmten Gutes für den Produzenten und den Endverwender häufig unterschiedlich dar. Damit die Sichtweise der Transaktionspartner weitgehend gewahrt bleibt, wird im ESVG die Verwendung von Gütern grundsätzlich zu Käuferpreisen (Anschaffungspreisen) bewertet, die Transportkosten, Handelsspannen und Gütersteuern abzüglich Gütersubventionen einschließen, während die Produktion von Gütern zu Herstellungspreisen ausgewiesen wird, in die die genannten Elemente nicht eingehen.
1.55 Importe und Exporte von Waren werden mit ihren Grenzübergangswerten dargestellt, und zwar mit den fob-Werten, also den Werten an der Ausfuhrgrenze. Dabei gehen von gebietsfremden Einheiten erbrachte Versicherungs- und Transportleistungen zwischen der Export- und der inländischen Importgrenze nicht in den Wert der Waren ein, sondern in die Dienstleistungsimporte. In tiefer Untergliederung nach Gütergruppen, die auf den Angaben der Außenhandelsstatistik beruht, muß der Import dagegen mit den Werten an der Importgrenze, also zu cif-Werten, dargestellt werden. Sie schließen alle Versicherungs- und Transportleistungen bis zur Importgrenze ein. Soweit diese Versicherungs- und Transportdienstleistungen auf Einfuhren von Inländern erbracht werden, wird eine fob/cif-Korrektur eingeführt.
Bewertung zu konstanten Preisen (Kapitel 10)
1.56 Bewertung zu konstanten Preisen heißt, daß die Stromgrößen einer Periode zu Preisen einer früheren Periode bzw. die Bestandsgrößen eines Zeitpunkts zu Preisen eines früheren Zeitpunkts bewertet werden. Auf diese Weise sollen die im Zeitablauf aufgetretenen Veränderungen der Werte der Strom- und Bestandsgrößen in Preis- und in Volumenänderungen aufgegliedert werden. Strom- und Bestandsgrößen in konstanten Preisen werden als Volumensangaben bezeichnet.
Viele Strom- und Bestandsgrößen, wie z. B. das Einkommen, haben keine eigentliche Preis- und Mengendimension. Die Kaufkraft dieser Variablen läßt sich jedoch ermitteln, indem die jeweiligen Werte mit einem allgemeinen Preisindex, wie beispielsweise dem Preisindex der letzten inländischen Verwendung ohne die Vorratsveränderung, deflationiert werden. Deflationierte Strom- und Bestandsgrößen werden als Größen in Realwerten bezeichnet. Ein Beispiel hierfür ist das reale verfügbare Einkommen.
Das Produktionsergebnis wird daher nicht gebucht, wenn der Käufer es bezahlt, sondern wenn es produziert wird. Der Verkauf eines Vermögensgegenstandes wird zu dem Zeitpunkt ausgewiesen, zu dem das Eigentum wechselt, und nicht zu dem Zeitpunkt, zu dem die entsprechende Zahlung erfolgt. Zinsen werden in der Periode gebucht, in der sie auflaufen, unabhängig davon, ob sie in dieser Periode tats chlich gezahlt werden. Der Grundsatz der periodengerechten Buchung gilt für alle Stromgrößen, d.h. für monetäre ebenso wie für nichtmonetäre Transaktionen, für Transaktionen innerhalb derselben Einheit ebenso wie für Transaktionen zwischen Einheiten.
Mitunter ist jedoch eine gewisse Flexibilität in der Anwendung der Buchungsregeln notwendig. Das gilt insbesondere für Steuern und andere Transaktionen des Staates, die in der öffentlichen Rechnungslegung meist zum Zeitpunkt der Zahlung gebucht werden. Da es manchmal schwierig ist, exakt vom Zahlungs- auf den Leistungszeitpunkt überzugehen, müssen gewisse Näherungslösungen angewandt werden. Zusätzlich zu dieser Flexibilität hinsichtlich des Buchungszeitpunkts musste aus praktischen Gründen, die mit dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit zusammenhängen, eine spezielle Regelung für die Verbuchung von an den Staat zu zahlenden Steuern und Sozialbeiträgen getroffen werden, damit der Finanzierungssaldo des Staates (und der Partnersektoren) keine Steuern und Sozialbeiträge enthält, deren Einziehung unwahrscheinlich ist. Abweichend von dem allgemeinen Grundsatz für die Verbuchung von Transaktionen können an den Staat zu zahlende Stuern und Sozialbeiträge entweder ohne die Beträge verbucht werden, deren Einziehung unwahrscheinlich ist, oder einschließlich dieser Beträge, in dem letztgenannten Fall sollten diese Beträge allerdings in demselben Rechnungszeitraum durch die Verbuchung eines Vermögenstransfers des Staates an die betreffenden Sektoren neutralisiert werden.
Jede Transaktion sollte von allen an ihr beteiligten institutionellen Einheiten und in allen betroffenen Konten zum gleichen Zeitpunkt gebucht werden. Dieser einfach erscheinende Grundsatz ist nicht immer leicht zu befolgen, denn nicht für alle institutionellen Einheiten gelten dieselben Buchungsregeln, und selbst wenn dies der Fall ist, kann es in den tatsächlichen Meldungen zu Unterschieden kommen, etwa wegen verspäteter Mitteilungen. Transaktionen werden daher von den beteiligten Transaktionspartnern u. U. zu unterschiedlichen Zeitpunkten gebucht. Diese Diskrepanzen müssen durch Korrekturen beseitigt werden.
1.58 Konsolidierung bedeutet, daß Transaktionen zwischen Einheiten, die derselben Gruppe von Einheiten angehören, sowohl auf der Aufkommens- als auch auf der Verwendungsseite ebenso wie wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten eliminiert werden.
Generell sollten die Ströme zwischen den Einheiten eines Sektors oder Untersektors nicht konsolidiert werden.
Für ergänzende Darstellungen und Analysen können jedoch auch konsolidierte Konten aufgestellt werden. Für bestimmte Analysen sind die Transaktionen zwischen den (Unter)Sektoren und anderen Sektoren sowie die dazugehörige finanzielle Position gegenüber anderen Sektoren von größerem Interesse als unkonsolidierte Daten.
Ferner geben die Konten und Tabellen, aus denen die Gläubiger-Schuldner-Beziehungen ersichtlich sind, einen detaillierten Einblick in die Finanzierung der Volkswirtschaft und ermöglichen es, das Zustandekommen von Finanzierungssalden bei den Kreditgebern und den Kreditnehmern nachzuvollziehen.
1.59 Bei einzelnen Einheiten oder Sektoren können gleiche Transaktionen als Einnahmen und als Ausgaben vorkommen (beispielsweise werden Zinsen gezahlt und empfangen) oder es kann die gleiche Art von Forderungen und Verbindlichkeiten vorhanden sein.
Im ESVG wird, abgesehen von den ausdrücklich vorgesehenen Saldierungen, der unsaldierte Bruttoausweis empfohlen.
Bei bestimmten Transaktionsarten sind Saldierungen der Normalfall. Ein typisches Beispiel sind die Vorratsveränderungen, deren Wirkung auf die Gesamtinvestitionen wichtiger ist als die Beobachtung der täglichen Zu- und Abgänge.
Ebenso wird, abgesehen von wenigen Ausnahmen, im Finanzierungskonto und in den Konten für die sonstigen Vermögensänderungen die Nettozunahme der Aktiva und Passiva ausgewiesen, wodurch die am Ende der Periode letztlich sich ergebenden Auswirkungen der entsprechenden Ströme erkennbar werden.