KAPITEL 10
PREIS- UND VOLUMENMESSUNG

10.01 In den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen werden die Strom- und Bestandsgrößen in Geldeinheiten gemessen. Die Geldeinheit ist der gemeinsame Nenner, der zur Bewertung der in dem Kontensystem erfaßten äußerst unterschiedlichen Transaktionen und zur Errechnung aussagefähiger Kontensalden verwendet wird.

Die Verwendung von Geldeinheiten bereitet Probleme, da die Preise weder stabil noch international vergleichbar sind. Ein Hauptanliegen der Wirtschaftsanalyse ist die Messung des volumenmäßigen (realen) Wirtschaftswachstums zwischen verschiedenen Zeiträumen. Daher muß die wertmäßige Änderung bestimmter Aggregate in eine Preiskomponente infolge Preisänderungen und eine verbleibende Volumenkomponente aufgeteilt werden.

Die Wirtschaftsanalyse befaßt sich aber auch mit räumlichen Vergleichen zwischen verschiedenen Volkswirtschaften. Im Mittelpunkt stehen dabei internationale Volumenvergleiche des Produktionsniveaus und der Einkommen sowie Vergleiche des Preisniveaus. Deshalb müssen die Unterschiede im Wert wirtschaftlicher Gesamtgrößen zwischen zwei Ländern bzw. Ländergruppen in eine Volumen- und eine Preiskomponente zerlegt werden.

10.02 Bei zeitlichen Vergleichen von Strom- und Bestandsgrößen ist eine korrekte Messung der Preisänderungen ebenso wichtig wie die Messung der Volumenänderungen, denn kurzfristig ist die Preisbeobachtung ebenso interessant wie die Messung des Volumens von Angebot und Nachfrage. Bei längerfristigen Untersuchungen des Wirtschaftswachstums muß auch den Verschiebungen der Preisrelationen von Waren und Dienstleistungen Rechnung getragen werden.

Es reicht aber nicht aus, die Preis- und Volumenänderungen wichtiger Aggregate zu erfassen, sondern es muß ein zusammenhängendes System von Indikatoren erstellt werden, das systematische und genaue Analysen von Inflation, Wirtschaftswachstum und Konjunkturschwankungen ermöglicht.

10.03 Bei räumlichen Vergleichen müssen die Volumen- und die Preiskomponenten volkswirtschaftlicher Gesamtgrößen korrekt gemessen werden. Bei räumlichen Vergleichen können die Ergebnisse nach der Laspeyres-Formel von denen nach der Paasche-Formel abweichen, so daß hierfür der Fisher-Formel der Vorzug gegeben werden sollte.

10.04 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen liefern einen geeigneten Rahmen für ein System von Volumen- und Preisindizes und sichern die Konsistenz der statistischen Daten.

Die Vorteile eines Gesamtrechnungsansatzes können wie folgt zusammengefaßt werden:

  1. konzeptionell erfordert das System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen die Verwendung einheitlicher Konzepte zur Erfassung der Preise und Mengeneinheiten der dargestellten Güterströme. In diesem System ist es beispielsweise unerläßlich, daß je Gütergruppe die Preis- und Volumenkonzepte auf der Aufkommens- und der Verwendungsseite übereinstimmen;
  2. im statistischen Bereich gelten im Gesamtrechnungssystem feste Beziehungen bei der Darstellung der Tatbestände in jeweiligen und in konstanten Preisen, die normalerweise Abstimmungsbuchungen erfordern, um die Konsistenz der statistischen Daten über die Preise und Volumen zu gewährleisten;
  3. das integrierte System von Preis- und Volumenindizes bietet zusätzliche Kontrollmöglichkeiten. Beispielsweise können aus den Aufkommens- und Verwendungstabellen in jeweiligen Preisen und den daraus abgeleiteten Tabellen in konstanten Preisen Angaben über implizite Preisindizes ermittelt werden, die zu Plausibilitätskontrollen der abgeleiteten Indizes genutzt werden und zu Korrekturen der Daten in konstanten Preisen und in einigen Fällen sogar der Werte in jeweiligen Preisen führen können;
  4. schließlich ist es im Gesamtrechnungssystem möglich, die Preis- und Volumenentwicklung bestimmter Kontensalden zu messen, wobei diese definitionsgemäß aus den anderen Kontenpositionen abgeleitet werden.
10.05 Trotz der Vorteile eines integrierten Systems, das – sowohl insgesamt als auch nach Wirtschaftsbereichen – auf abgestimmten Waren- und Dienstleistungstransaktionen basiert, genügen die so ermittelten Preis- und Volumenindizes nicht allen Anforderungen und können nicht alle Fragen zum Thema Preis- und Volumenänderungen beantworten. Buchungszwänge und die Wahl von Preis- und Volumenindexformeln sind zwar für die Entwicklung eines kohärenten Systems wesentlich, können sich aber auch manchmal als hinderlich erweisen. Es besteht auch Bedarf an Informationen über kürzere Zeiträume, z. B. Monate oder Quartale. In diesen Fällen können sich andere Arten von Preis- und Volumenindizes als zweckmäßig erweisen.