Merkmale der Transaktionen

Interaktionen und Transaktionen innerhalb von Einheiten

1.34 Die meisten Transaktionen sind Interaktionen zwischen zwei oder mehr institutionellen Einheiten. Im ESVG werden jedoch auch bestimmte Vorgänge innerhalb von institutionellen Einheiten den Transaktionen zugeordnet. Der Ausweis dieser Transaktionen innerhalb von Einheiten dient einer aussagekräftigeren Beschreibung der Produktion, der letzten Verwendung und der Kosten.

Abschreibungen werden im ESVG den Kosten zugerechnet und sind eine wichtige Transaktion innerhalb von Einheiten. Andere Transaktionen innerhalb von Einheiten betreffen Gütertransaktionen, die insbesondere dann auszuweisen sind, wenn institutionelle Einheiten als Produzenten und Endverbraucher von ihnen produzierte Güter selbst konsumieren. Dies gilt oft für private Haushalte und den Staat.

1.35 Der Output, der in die letzte Verwendung derselben institutionellen Einheit eingeht, wird vollständig im Produktionswert erfaßt. Dagegen wird der Output, der als Vorleistung derselben institutionellen Einheit verbraucht wird, nur dann einbezogen, wenn die Produktion und der Vorleistungsverbrauch in unterschiedlichen örtlichen fachlichen Einheiten der institutionellen Einheit stattfindet. Der Output, der in derselben örtlichen fachlichen Einheit produziert und als Vorleistung verbraucht wird, wird weder im Produktionswert noch in den Vorleistungen erfaßt.

Monetäre und nichtmonetäre Transaktionen

1.36 Die meisten im ESVG ausgewiesenen Transaktionen sind monetäre Transaktionen, d.h. Transaktionen, bei denen die beteiligten Einheiten Zahlungen vornehmen oder erhalten, Verbindlichkeiten eingehen oder Vermögenswerte erhalten, die auf Währungseinheiten lauten.

Transaktionen, bei denen kein Tausch von Bargeld oder von auf Währungseinheiten lautenden Forderungen oder Verbindlichkeiten stattfindet, sind nichtmonetäre Transaktionen. Bei den Transaktionen innerhalb von Einheiten handelt es sich in der Regel um nichtmonetäre Transaktionen. Nichtmonetäre Transaktionen zwischen institutionellen Einheiten kommen bei Gütertransaktionen (Gütertausch), Verteilungstransaktionen (Sachbezüge, Sachtransfers usw.) und sonstigen Transaktionen (Tausch von nichtproduziertem Sachvermögen) vor.

Im ESVG werden sämtliche Transaktionen in Geldeinheiten ausgewiesen. Die Werte nichtmonetärer Transaktionen müssen daher indirekt erfaßt oder in anderer Weise geschätzt werden.

Transaktionen mit und ohne Gegenleistung

1.37 Transaktionen, an denen mehrere Einheiten beteiligt sind, sind zweiseitig oder einseitig. Bei zweiseitigen Transaktionen handelt es sich um Tauschgeschäfte zwischen institutionellen Einheiten, d.h. Waren, Dienstleistungen oder Vermögenswerte werden für eine Gegenleistung, etwa Geld, bereitgestellt. Bei einseitigen Transaktionen (Transfers) werden in der Regel Sach- oder Geldleistungen von einer institutionellen Einheit für eine andere ohne Gegenleistung erbracht. Transaktionen mit Gegenleistung kommen bei allen vier Arten von Transaktionen vor, Transaktionen ohne Gegenleistung dagegen überwiegend bei den Verteilungstransaktionen, wie beispielsweise Steuern, Leistungen der Sozialhilfe oder Schenkungen.

Abgewandelte Transaktionen

1.38 Im ESVG werden die meisten Transaktionen so gebucht, wie sie von den beteiligten institutionellen Einheiten wahrgenommen werden. Einige Transaktionen werden jedoch so abgewandelt, daß die ihnen zugrunde liegenden wirtschaftlichen Beziehungen deutlicher erkennbar sind. Die Abwandlung von Transaktionen kann auf drei Arten erfolgen: durch Umleitung (rerouting), Aufteilung oder Betonung des Haupttransaktionspartners:

Umleitung

1.39 Eine Transaktion, die tatsächlich zwischen den Einheiten A und C stattfindet, ist u.–U. so zu buchen, als ob eine dritte Einheit–B zwischengeschaltet wäre. Die einzelne Transaktion zwischen A und C wird somit zweifach gebucht, nämlich als Transaktion zwischen A und B und als Transaktion zwischen B und C. Die Transaktion wird also umgeleitet.

Ein bekanntes Beispiel ist die Buchung der Sozialbeiträge der Arbeitgeber, die direkt an Sozialschutzsysteme abgeführt werden. Im ESVG werden diese Zahlungen in der Form von zwei Transaktionen gebucht, nämlich erstens zahlen die Arbeitgeber die Arbeitgeberbeiträge an ihre Arbeitnehmer und zweitens führen die Arbeitnehmer dieselben Beiträge an die Sozialversicherung ab. Wie stets bei umgeleiteten Transaktionen, soll auch in diesem Fall die zugrunde liegende wirtschaftliche Realität verdeutlicht werden. In diesem Fall soll gezeigt werden, daß die Arbeitgeberbeiträge zugunsten der Arbeitnehmer gezahlt werden.

Eine andere Art der Umleitung liegt vor, wenn Transaktionen zwischen zwei oder mehr institutionellen Einheiten gebucht werden, obwohl aus Sicht der Transaktionspartner überhaupt keine Transaktion stattfindet. Ein Beispiel hierfür ist die Behandlung des bei bestimmten Versicherungen anfallenden Vermögenseinkommens, das von Versicherungsgesellschaften einbehalten wird. Im ESVG wird es so ausgewiesen, als ob es von den Versicherungsgesellschaften an die Versicherungsnehmer gezahlt würde und als ob diese dann den gleichen Betrag in Form von zus tzlichen Prämien an die Versicherungsgesellschaften zurückzahlen würden.

Aufteilung

1.40 Wird eine Transaktion, die von den Transaktionspartnern als eine einzige Transaktion wahrgenommen wird, als zwei oder mehr Transaktionen verbucht, die unterschiedlichen Kategorien zuzuordnen sind, spricht man von einer aufgeteilten Transaktion. Aufteilung bedeutet in der Regel nicht, daß zusätzliche Einheiten als Transaktionspartner eingeführt werden.

Die Buchung der Schadenversicherungsprämien ist ein typisches Beispiel für die Aufteilung einer Transaktion. Obwohl die Versicherungsnehmer und die Versicherer derartige Prämienzahlungen als eine einzige Transaktion wahrnehmen, werden sie im ESVG in zwei völlig verschiedene Transaktionen aufgeteilt, nämlich erstens in die Gegenleistung für empfangene Versicherungsdienstleistungen und zweitens in die Versicherungsnettoprämie. Ein weiteres wichtiges Beispiel für die Aufteilung einer Transaktion ist die Buchung von Handelsspannen.

Betonung des Haupttransaktionspartners

1.41 Wird eine Transaktion im Namen einer anderen Einheit vorgenommen, wird sie ausschließlich in den Konten des Haupttransaktionspartners gebucht. Generell sollte man nicht über diesen Grundsatz hinausgehen und z. B. nicht versuchen, Steuern oder Subventionen mit Hilfe von Annahmen den letztlich belasteten oder begünstigten Einheit zuzurechnen.

Grenzfälle

1.42 Eine Interaktion zwischen institutionellen Einheiten ist definitionsgemäß nur dann eine Transaktion, wenn sie einvernehmlich stattfindet, d.h. wenn sie mit Wissen und Zustimmung der beteiligten institutionellen Einheiten erfolgt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß alle Einheiten eine Transaktion grundsätzlich freiwillig vornehmen, denn bestimmte Transaktionen sind gesetzlich vorgeschrieben. Dies gilt vor allem für bestimmte Verteilungstransaktionen, wie die Zahlung von Steuern, Geldstrafen und gebührenpflichtigen Verwarnungen. Bei der entschädigungslosen Enteignung handelt es sich allerdings, auch wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist, nicht um eine Transaktion.

Illegale wirtschaftliche Vorgänge sind nur dann Transaktionen, wenn alle beteiligten Einheiten an ihnen freiwillig teilnehmen. Beim illegalen Kauf, Verkauf oder Tausch von Drogen oder Diebesgut handelt es sich daher um Transaktionen, bei Diebstahl dagegen nicht.

Sonstige Vermögensänderungen

1.43 Sonstige Vermögensänderungen gehen nicht auf Transaktionen zurück (Kapitel 6) Sie umfassen einerseits sonstige reale Vermögensänderungen und andererseits Umbewertungsgewinne/-verluste.

Sonstige reale Vermögensänderungen

1.44 Sie lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:

  1. Entstehen bzw. Verschwinden von Aktiva ohne Transaktionsvorgänge;
  2. Veränderungen der Aktiva und Passiva aufgrund von außergewöhnlichen, unvorhersehbaren Ereignissen;
  3. klassifikationsbedingte Neuzuordnungen.
1.45 Unter Kategorie a) fallen die Erschließung und der Abbau von Bodenschätzen oder das natürliche Wachstum von nichtkultivierten biologischen Ressourcen, also von freien Tier- und Pflanzenbeständen. Kategorie b) umfaßt Veränderungen (in der Regel Verluste) von Aktiva aufgrund von Naturkatastrophen, Krieg oder schweren Verbrechen sowie einseitige Schuldenaufhebung oder entschädigungslose Enteignung von Aktiva. Unter Kategorie c) fallen Veränderungen, die auf eine Änderung der Sektorzuordnung von institutionellen Einheiten oder der Vermögensart zurückzuführen sind.

Umbewertungsgewinne und -verluste

1.46 Umbewertungsgewinne und -verluste entstehen durch Veränderungen der Preise der Aktiva bzw. Passiva. Sie können sämtliche Arten von Sachvermögen sowie der Forderungen und Verbindlichkeiten betreffen. Die Vermögenseigentümer, Gläubiger und Schuldner erzielen die Umbewertungsgewinne/-verluste innerhalb einer Periode, ohne die Aktiva oder Passiva in irgend einer Weise verändert zu haben.

Umbewertungsgewinne und -verluste, die sich aus der Veränderung der Marktpreise der Aktiva und Passiva ergeben, werden als nominelle Umbewertungsgewinne und -verluste bezeichnet. Diese können aufgeteilt werden in neutrale Umbewertungsgewinne (-verluste), die die Wertabnahme durch die allgemeine Preissteigung messen, und in reale Umbewertungsgewinne und -verluste, die sich aus der Veränderung der Preise der Aktiva und Passiva in Relation zur allgemeinen Preisänderung (der relativen Preise) ergeben.