Marktgleichgewicht

Ein Gleichgewicht beschreibt einen Zustand, in dem die geplanten Handlungen aller Marktteilnehmer konsistent zueinander sind. In einem Gleichgewicht verspürt keiner der Akteure einen Anreiz, sein Verhalten zu ändern. Der Zustand des Systems ist zugleich Ausfluss der Handlungen der Marktteilnehmer und veranlasst die Akteure sich so zu verhalten, dass sich genau dieser Zustand einstellt.
Formal werden Gleichgewichte durch ein System von Gleichungen beschrieben, die den Zustand des Systems und das Verhalten der Marktteilnehmer zueinander in Beziehung setzen.
An dieser Stelle wird ein partielles Marktgleichgewicht beschrieben, das heißt, alle übrigen Märkte haben keinen Einfluss auf den betrachteten Markt. Außerdem wird vereinfachend die Marktform der vollständigen Konkurrenz angenommen, wonach sich alle Marktteilnehmer als Preisnehmer bzw. als Mengenanpasser verhalten. Eine Darstellung des totalen Konkurrenzgleichgewichts findet man in Schumann, Meyer, Ströbele, Grundzüge der mikroökonomischen Theorie. Hier wird die ceteris-paribus Annahme, dass sich die Märkte unabhängig voneinander behandeln lassen, aufgegeben. "Im Prinzip wird das zu lösende Gleichungssystem damit nur umfangreicher." Die entsprechende mathematische Formulierung geht auf Léon Walras zurück.
Auf einem Markt für das Gut $x$ wird die Menge $x^S$ in Abhängigkeit des Preises $p$ angeboten und die Menge $x^D$ in Abhängigkeit des Preises $p$ nachgefragt. Die Angebotskurve und die Nachfragekurve beschreiben also das geplante (aggregierte) Verhalten der Marktteilnehmer. Ein Gleichgewicht liegt vor, wenn das Angebot und die Nachfrage übereinstimmen. Damit besteht das Gleichungssystem aus den 3 folgenden Gleichungen und 3 Variablen (nämlich $x^S$, $x^D$, $p$) \begin{eqnarray*} x^S&=x^S(p)\\ x^D&=x^D(p)\\ x^S&=x^D \end{eqnarray*} Mit dem Gleichungssystem verbinden sich unmittelbar drei Fragen:
  1. Existenz: Hat das System eine Lösung? (Solche Lösungen sind nur dann ökonomisch sinnvoll, wenn alle Variablen nicht-negative Werte aufweisen.) Ein erster Beweis für die Existenz eines totalen Konkurrenzgleichgewichtes ist von Abraham Wald erbracht worden.
  2. Eindeutigkeit: Wie viele Gleichgewichte gibt es? Wenn mehr als ein Gleichgewicht existiert, wie unterscheiden sie sich?
  3. Stabilität: Wenn sich das System in einem Ungleichgewicht befindet, können nicht alle Marktteilnehmer ihre geplanten Handlungen realisieren, also sind sie gezwungen, ihr Verhalten zu ändern. Diese Änderungen lösen einen Prozess aus (dynamische Analyse), der zu einem Gleichgewicht führt oder auch nicht. Ein Gleichgewicht heißt stabil, wenn es sich von einer beliebigen Ausgangslage (globale Stabilität) oder nach einer nicht zu größen Störung (lokale Stabilität) von selbst wieder einstellt. Der Vorgang des Herantastens an ein Gleichgewicht wird auch als tâtonnement bezeichnet.
Angenommen, das obige Gleichungssystem weist ein eindeutiges, stabiles Gleichgewicht auf, dann stellt sich die nächste Frage, wie das System auf Änderungen der Umwelt reagiert. Solche exogenen Störungen könne die Angebotskurve oder auch die Nachfragekurve nach rechts oder links verschieben. (Man spricht von einem Angebots- oder Nachfrageschock.) Falls sich ein neues Gleichgewicht einstellt, dann kann man es im Rahmen einer komparativ statischen Analyse dem ursprünglichen Gleichgewicht gegenüberstellen.
Häufig wird das Markergebnis (zu Recht oder zu Unrecht) vom Staat als unzulänglich angesehen. Der Staat versucht dann, denn Spielraum zulässiger Marktergebnisse einzuschränken. Legt der Staat einen Höchstpreis fest, dann wird ein gleichgewichtiger Preis, der über dem Höchstpreis liegt, quasi verboten. Da bei dem Höchstpreis ein Nachfrageüberschuss herrscht, besteht eine inhärente Tendenz zur Bildung von Schwarzmärkten. Das analoge Bild stellt sich bei einem Mindestpreis ein, der über dem gleichgewichtigen Preis liegt. Zur Sicherung seines "gewünschten" Marktergebnisses muss der Staat ständig dafür sorgen, dass das resultierende Überschussangebot den zu hohen Mindestpreis nicht unterläuft.
Abb. Hoechst- und Mindestpreis
Die Analyse des langfristigen partiellen Konkurrenzgleichgewichtes beschäftigt sich vorrangig mit der Frage, wie sich die Situation der Anbieter auf lange Sicht darstellt. Kurzfristig ist die Betriebsgröße der Anbieter fix und alle Anbieter erzielen (bis auf Ausnahmen) einen nichtnegativen Gewinn. Langfristig treten zwei Phänomene hinzu. Die am Markt befindlichen Anbieter können ihre Betriebsgröße anpassen und neue Anbieter können in den Markt eintreten. Damit ändern sich kurzfristig exogene Tatbestände auf dem betrachteten Markt. Die Frage ist, wo der einsetzende Prozess langfristig endet und welche Charakteristika die Anbieter dann aufweisen.