I.6. Förderung von Beschäftigung und Arbeitsmarktreformen

Mehr als 2½ Jahre nach Veröffentlichung des Weißbuchs der Kommission über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung und trotz der Essener Beschäftigungsstrategie, die schon vor einiger Zeit verabschiedet wurde, befindet sich die Gemeinschaft weiterhin in einer überaus schwierigen Arbeitsmarktlage. Obwohl der erwartete Aufschwung zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen wird und den gegenwärtigen Aufwärtstrend bei der Arbeitslosigkeit umkehren wird, ist es wahrscheinlich, daß mehr als 17 Mio. Personen im Jahre 1997 in der Gemeinschaft immer noch arbeitslos sein werden. Um eine dauerhafte und deutliche Verbesserung der Beschäftigungssituation zu gewährleisten, sind nicht nur ein dauerhaftes und hohes Wirtschaftswachstum und effiziente Güter und Dienstleistungsmärkte erforderlich, sondern auch eine weite Palette von Arbeitsmarktreformen.

Die Eliminierung bestehender Rigiditäten und die Gewährleistung einer effizienteren Funktionsweise des Arbeitsmarkts auf nationaler und auf Gemeinschaftsebene bilden das Herzstück der Bemühungen um ein nachhaltiges und kräftigeres mittelfristiges Wachstum sowie eine beschäftigungsintensiveres Wachstumsmuster. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Arbeitsmarktreformen verstärken und gleichzeitig sowohl für die Gerechtigkeit als auch die Effizienz der sozialen Sicherungssysteme sorgen. Maßnahmen zur Erhöhung der beruflichen und regionalen Mobilität der Arbeitskräfte sowie zur Verbesserung der Effizienz von Arbeitsämtern und Stellenvermittlungsdiensten dürften Engpässe vermindern, die den Wachstumsprozeß frühzeitig beenden könnten.

Des weiteren sollte eine geeignete Politik verfolgt werden, um das gesamte Bildungssystem - einschließlich der beruflichen Bildung - sowohl auf die Bedürfnisse des Marktes als auch auf die Verbesserung des Humankapitals auszurichten, wodurch das Wachstumspotential der Wirtschaft gefördert wird. Vorrang sollten die Verbesserung der Vermittelbarkeit von Jugendlichen, Frauen und Arbeitslosen, insbesondere von gering qualifizierten Kräften ohne Berufserfahrung, und der Abbau von Ungleichgewichten zwischen den am Arbeitsmarkt angebotenen und nachgefragten Qualifikationen erhalten, indem die Ausbildung besser auf die sich wandelnden Bedürfnisse des Arbeitsmarkts abgestimmt wird.

Eine höhere Beschäftigungsintensität des Wachstums sollte durch eine weiterhin angemessene gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung und in einigen Fällen durch eine stärkere Lohndifferenzierung nach Qualifikationen, Regionen und bis zu einem gewissen Grade auch Sektoren und Unternehmen begünstigt werden. Eine Reduzierung der Arbeitskosten für Arbeitsplätze mit geringer Produktivität, entweder durch Entwicklungen direkt bei den Löhnen (z.B. Einführung von Einstiegslöhnen in geeigneten Fällen) oder eine gezielte Senkung der Lohnnebenkosten, würde den Anreiz zur Einstellung gering qualifizierter Arbeitskräfte erhöhen. Solche Maßnahmen sollten mit der Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft vereinbar sein. Anpassungen bei den Arbeitszeiten und der Arbeitsorganisation auf Unternehmensebene werden ebenfalls in diese Richtung wirken. Schließlich sollten auch lokale und regionale Initiativen im Bereich neuer Dienstleistungen mit hohen Beschäftigungseffekten wie zum Beispiel die, die in der Mitteilung der Kommission zu einer europäischen Strategie zur Förderung lokaler Entwicklungs- und Beschäftigungsinitiativen genannt wurden, gefördert werden.

Alle obengenannten Elemente sind auch Bestandteil der Beschäftigungsstrategie der Gemeinschaft, die vom Europäischen Rat in Essen ins Leben gerufen und später auf den Tagungen des Europäischen Rats von Cannes und Madrid weiter ausgearbeitet wurde. Die auf diesen Tagungen des Europäischen Rats beschlossenen Verfahren müssen effizienter gestaltet werden. In diesem Zusammenhang sind die mehrjährigen Beschäftigungsprogramme der Mitgliedstaaten weiterzuentwickeln, damit sie zu wirksameren Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik werden. Weiterhin zielt die Initiative der Kommission, alle Akteure für die oberste Priorität der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu mobilisieren, darauf ab, die auf Unionsebene bestehenden Instrumente voll zu nutzen.


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