2. Tochter des Herzogs Johann III.
von Jülich-Berg-Kleve und der Marie von Jülich-Berg,
Tochter von Herzog Wilhelm III.
Vgl. Thiele (1994, Tafel 484):
Anna (*1515, †1557)
1540-1540
oo Heinrich VIII. König von England (†1547)
GROSSE FRAUEN DER WELTGESCHICHTE. Tausend Biographien in Wort und Bild.: Seite 26
Als Ende 1539, vom mächtigsten Manne Englands, Oliver Cromwell, geschickt,
ein Bote in der Herzogsburg zu Cleve erschien und um ein Bild der
Prinzessin Anna bat, wiegte sich die junge
Herzogstochter in den freundlichsten Hoffnungen. Sie wusste nichts von den
Untaten des 50-jährigen Königs auf Englands Thron und begriff das kalte Spiel
der Politik nicht, das soeben begonnen hatte. Ihr Vater war das Haupt der
deutschen Protestanten und galt als der Erzfeind Karls
V. und so erwartete Cromwell von der Heirat seines Königs mit einer lutherischen
Prinzessin, dass das Bündnis mit den deutschen protestantischen Fürsten gegen
den katholischen Kaiser endlich zustande komme. Da in Cleve kein Maler zu
finden war, entsandte Heinrich Meister Hans
Holbein in die Schwanenburg von Cleve; er malte das züchtige Mädchenantlitz in
solcher Vollendung, dass Heinrich sich in das
Bild verliebte. Noch zur selben Stunde warb er um die Hand der 24-jährigen
Prinzessin. War es eine Lüge, die Holbein beging, als er die Pockennarben auf
dem Antlitz Annas unterschlug? Es war eine
groteske Szene, als Heinrich und
Anna sich zum erstenmal erblickten. Vor der
Braut stand ein maßlos dicker, rotbärtiger Mann, hinkend, da er von einem
Beingeschwür belästigt wurde, und er, der König und Bräutigam, war nicht
minder entsetzt über die "flandrische Stute". Heinrich VIII.
war nicht gewillt, diese Frau als Gemahlin anzuerkennen, und ließ sie nach der
Hochzeit allein. Cromwell wurde enthauptet, die englische Kirche erklärte die
Ehe für nicht vollzogen und deshalb für ungültig.
Anna von Cleve war klug genug, dem König den
Ehering zurückzugeben. Als "Mylady Anna von
Cleve" überlebte sie ihn, der noch zweimal heiratete, um sieben Jahre.
Anna von Kleve reiste nach der Unterzeichnung
eines Ehevertrages mit einem Gefolge von 263 Personen und 228 Pferden von
Düsseldorf nach Calais, wo sie Mitte Dezember 1539 eintraf. Da
Heinrich so viel über ihre Schönheit gehört
hatte, eilte er am Neujahrstag verkleidet nach Rochester, um seine Braut vor
der offiziellen Begegnung zu sehen. Er war jedoch außerordentlich enttäuscht,
denn Anna war alles andere als eine Schönheit.
Es fehlte ihr an guten Umgangsformen, und sie war für den Hof eines großen
Königs nicht passend gekleidet. Als Heinrich am
nächsten Tag nach Greenwich zurückkehrte, erklärte er Cromwell, er könne
Anna nicht ausstehen. Am 3. Januar 1540 ritt er
in Begleitung von 5.000 bis 6.000 Reitern nach Shooters Hill,
um Anna zu begrüßen. Obwohl er eigentlich die
Heirat verhindern wollte, stimmte er am 5. Januar zu, dass die Trauung am
folgenden Tage in Greenwich stattfinden
solle. Laut Heinrich wurde die Ehe nie vollzogen.
Obwohl er jede oder jede zweite Nacht bei Anna
schlief, sagte er später, er habe sie als ebenso gute Jungfrau verlassen, wie
er sie vorgefunden habe. Er habe ihren Leib und ihre Brüste befühlt
und sei sicher, dass sie überhaupt keine Jungfrau mehr gewesen sei.
Heinrich ließ Material für eine Scheidung
zusammentragen und ließ die Ehe auf ihre Gültigkeit prüfen. Er legte eine mit
eigener Hand geschriebene Erklärung vor, nach der er der Heirat mit
Anna von Kleve in erster Linie im Vertrauen
darauf zugestimmt hatte, "dadurch einen sicheren Freund zu gewinnen, weil ich damals sowohl dem
Kaiser und Frankreich als auch dem Bischof von Rom misstraute, und weil ich so
viel über ihre außergewöhnliche Schönheit und Tugend gehört hatte". Aber als
er sie das erste Mal in Rochester gesehen habe, "da gefiel sie mir überhaupt
nicht, das versichere ich Euch, und sie war ganz anders, als man sie mir
geschildert hatte, dass es mir lieber gewesen wäre, sie wäre nie nach England
gekommen". Heinrich behauptete, er
habe Anna nicht aus freien Stücken geheiratet
und die Ehe sei ungültig, weil das Einverständnis zwischen den Partnern fehle.
Zum Beweis seiner Behauptung nannte er außer Lord Southampton und Sir
Anthony Browne auch Lord Essex als Zeugen, "weil ich keinen Zweifel habe, dass
er seine Seele nicht der Verdammnis preisgeben, sondern die Wahrheit sagen
wird, nun da er weiß, dass er durch Parlamentsbeschluss zum Tode verurteilt
ist". Weiter behauptete Heinrich, er sei nicht
in der Lage gewesen, die Ehe mit Anna zu
vollziehen. Dies wurde von seinem Arzt Dr. Butts bestätigt, der erklärte,
Heinrich habe in den Monaten seiner Ehe mit
Anna nächtliche Samenergüsse gehabt, was
beweise, dass er während dieser Zeit nicht mit einer Frau geschlafen habe.
Angesichts der Beweiskraft dieser Aussage entschied die Konvokation, dass die
Ehe ungültig sei und es Heinrich
und Annafreistehe, sich wieder zu verheiraten.
Anna willigte in die Scheidung ein und war
bereit, in England zu bleiben, Heinrichs
Abfindung anzunehmen und ihrem Bruder, dem Herzog von Kleve, zu schreiben,
dass sie mit dieser Lösung einverstanden sei. Heinrich
schenkte ihr zwei Wohnsitze, einen in Richmond und einen in Bletchingley
in Surrey, und manchmal besuchte er sie in Richmond. Außerdem schenkte
er ihr Ländereien, die er zuvor Cromwell gegeben hatte und die an
Heinrich zurückgefallen waren, als Cromwells
Besitz durch Parlamentsbeschluss eingezogen wurde.
6.1.1540
oo 4. Heinrich VIII. König von England (1491-21.8.1547)