Anna von Kleve

22.9.1515-28.7.1557
Königin von England

2. Tochter des Herzogs Johann III. von Jülich-Berg-Kleve und der Marie von Jülich-Berg, Tochter von Herzog Wilhelm III.

Vgl. Thiele (1994, Tafel 484):

Anna (*1515, †1557)

1540-1540
oo Heinrich VIII. König von England (†1547)



Anna von Kleve war pockennarbig, grobschlächtig, ohne jeden Liebreiz, aber sehr zupackend und natürlich. Am 9.7.1540 wurde die Ehe wieder geschieden; Anna erhielt 3.000 Pfund Sterling Jahresrente und die Bezeichnung "Schwester des Königs" und lebte bis zu ihrem Tode in England.

GROSSE FRAUEN DER WELTGESCHICHTE. Tausend Biographien in Wort und Bild.: Seite 26



Anna von Kleve (1515-16.VII.1557)

Als Ende 1539, vom mächtigsten Manne Englands, Oliver Cromwell, geschickt, ein Bote in der Herzogsburg zu Cleve erschien und um ein Bild der Prinzessin Anna bat, wiegte sich die junge Herzogstochter in den freundlichsten Hoffnungen. Sie wusste nichts von den Untaten des 50-jährigen Königs auf Englands Thron und begriff das kalte Spiel der Politik nicht, das soeben begonnen hatte. Ihr Vater war das Haupt der deutschen Protestanten und galt als der Erzfeind Karls V. und so erwartete Cromwell von der Heirat seines Königs mit einer lutherischen Prinzessin, dass das Bündnis mit den deutschen protestantischen Fürsten gegen den katholischen Kaiser endlich zustande komme. Da in Cleve kein Maler zu finden war, entsandte Heinrich Meister Hans Holbein in die Schwanenburg von Cleve; er malte das züchtige Mädchenantlitz in solcher Vollendung, dass Heinrich sich in das Bild verliebte. Noch zur selben Stunde warb er um die Hand der 24-jährigen Prinzessin. War es eine Lüge, die Holbein beging, als er die Pockennarben auf dem Antlitz Annas unterschlug? Es war eine groteske Szene, als Heinrich und Anna sich zum erstenmal erblickten. Vor der Braut stand ein maßlos dicker, rotbärtiger Mann, hinkend, da er von einem Beingeschwür belästigt wurde, und er, der König und Bräutigam, war nicht minder entsetzt über die "flandrische Stute". Heinrich VIII. war nicht gewillt, diese Frau als Gemahlin anzuerkennen, und ließ sie nach der Hochzeit allein. Cromwell wurde enthauptet, die englische Kirche erklärte die Ehe für nicht vollzogen und deshalb für ungültig. Anna von Cleve war klug genug, dem König den Ehering zurückzugeben. Als "Mylady Anna von Cleve" überlebte sie ihn, der noch zweimal heiratete, um sieben Jahre.



Ridley Jasper: Seite 375
"Heinrich VIII. Eine Biographie."

Anna von Kleve reiste nach der Unterzeichnung eines Ehevertrages mit einem Gefolge von 263 Personen und 228 Pferden von Düsseldorf nach Calais, wo sie Mitte Dezember 1539 eintraf. Da Heinrich so viel über ihre Schönheit gehört hatte, eilte er am Neujahrstag verkleidet nach Rochester, um seine Braut vor der offiziellen Begegnung zu sehen. Er war jedoch außerordentlich enttäuscht, denn Anna war alles andere als eine Schönheit. Es fehlte ihr an guten Umgangsformen, und sie war für den Hof eines großen Königs nicht passend gekleidet. Als Heinrich am nächsten Tag nach Greenwich zurückkehrte, erklärte er Cromwell, er könne Anna nicht ausstehen. Am 3. Januar 1540 ritt er in Begleitung von 5.000 bis 6.000 Reitern nach Shooters Hill, um Anna zu begrüßen. Obwohl er eigentlich die Heirat verhindern wollte, stimmte er am 5. Januar zu, dass die Trauung am folgenden Tage in Greenwich stattfinden solle. Laut Heinrich wurde die Ehe nie vollzogen. Obwohl er jede oder jede zweite Nacht bei Anna schlief, sagte er später, er habe sie als ebenso gute Jungfrau verlassen, wie er sie vorgefunden habe. Er habe ihren Leib und ihre Brüste befühlt und sei sicher, dass sie überhaupt keine Jungfrau mehr gewesen sei.
Heinrich ließ Material für eine Scheidung zusammentragen und ließ die Ehe auf ihre Gültigkeit prüfen. Er legte eine mit eigener Hand geschriebene Erklärung vor, nach der er der Heirat mit Anna von Kleve in erster Linie im Vertrauen darauf zugestimmt hatte, "dadurch einen sicheren Freund zu gewinnen, weil ich damals sowohl dem Kaiser und Frankreich als auch dem Bischof von Rom misstraute, und weil ich so viel über ihre außergewöhnliche Schönheit und Tugend gehört hatte". Aber als er sie das erste Mal in Rochester gesehen habe, "da gefiel sie mir überhaupt nicht, das versichere ich Euch, und sie war ganz anders, als man sie mir geschildert hatte, dass es mir lieber gewesen wäre, sie wäre nie nach England gekommen". Heinrich behauptete, er habe Anna nicht aus freien Stücken geheiratet und die Ehe sei ungültig, weil das Einverständnis zwischen den Partnern fehle.
Zum Beweis seiner Behauptung nannte er außer Lord Southampton und Sir Anthony Browne auch Lord Essex als Zeugen, "weil ich keinen Zweifel habe, dass er seine Seele nicht der Verdammnis preisgeben, sondern die Wahrheit sagen wird, nun da er weiß, dass er durch Parlamentsbeschluss zum Tode verurteilt ist". Weiter behauptete Heinrich, er sei nicht in der Lage gewesen, die Ehe mit Anna zu vollziehen. Dies wurde von seinem Arzt Dr. Butts bestätigt, der erklärte, Heinrich habe in den Monaten seiner Ehe mit Anna nächtliche Samenergüsse gehabt, was beweise, dass er während dieser Zeit nicht mit einer Frau geschlafen habe. Angesichts der Beweiskraft dieser Aussage entschied die Konvokation, dass die Ehe ungültig sei und es Heinrich und Annafreistehe, sich wieder zu verheiraten.
Anna willigte in die Scheidung ein und war bereit, in England zu bleiben, Heinrichs Abfindung anzunehmen und ihrem Bruder, dem Herzog von Kleve, zu schreiben, dass sie mit dieser Lösung einverstanden sei. Heinrich schenkte ihr zwei Wohnsitze, einen in Richmond und einen in Bletchingley in Surrey, und manchmal besuchte er sie in Richmond. Außerdem schenkte er ihr Ländereien, die er zuvor Cromwell gegeben hatte und die an Heinrich zurückgefallen waren, als Cromwells Besitz durch Parlamentsbeschluss eingezogen wurde.

6.1.1540
oo 4. Heinrich VIII. König von England (1491-21.8.1547)

Literatur


Baumann Uwe: Heinrich VIII. mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH 1991 Seite 115,118,115
Fraser (1995, Seiten 7,8-11,316,317-396,399-403,410,411,413,414,416,431,432,441,450,451,458-465,469,470,472,476,477,481)
Grayeff Felix: Heinrich VIII. Ein kraftvolles Leben. Wilhelm Heyne Verlag München 1961 Seite 265,273,277,283,292,294,311,326,342,348
GROSSE FRAUEN DER WELTGESCHICHTE. Tausend Biographien in Wort und Bild. Neuer Kaiser Verlag 1987 Seite 26
Hackett, Francis: Heinrich der Achte. Rohwolt Berlin 1936 Seite 397,399-406,409,415, 421
Mattigny, Garret: Katharina von Aragon. W. Kohlhammer Verlag Stuttgart 1962 Seite 447
Ridley Jasper: Heinrich VIII. Eine Biographie. Weltbild Verlag GmbH Augsburg 1995 Seite 375
Thiele (1994, Tafel 485)