KAPITEL 12
VIERTELJÄHRLICHE VOLKSWIRTSCHAFTLICHE GESAMTRECHNUNGEN

12.01 Die vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sind Bestandteil des Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen. Von großer Bedeutung sind sie u. a. für die Analyse des laufenden Jahres und die vorläufigen Schätzungen für das Vorjahr. Die vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen bilden einen auf vierteljährlicher Basis aufgezeichneten, in sich geschlossenen Satz von Transaktionen, Konten und Kontensalden, die sowohl für den finanziellen als auch den nichtfinanziellen Bereich definiert sind. Verwendet werden die gleichen Grundsätze, die gleichen Definitionen und der gleiche Aufbau wie bei den jährlichen Gesamtrechnungen. Aufgrund des kürzeren Rechnungszeitraums sind jedoch geringfügige Änderungen erforderlich.

12.02 Die Bedeutung der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ist im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß sie allein einen kohärenten Satz von rasch verfügbaren Indikatoren liefern, die kurzfristig einen Gesamtüberblick über die nichtfinanzielle wie auch die finanzielle Wirtschaftstätigkeit ermöglichen.

12.03 Aus dem von den vierteljährlichen Gesamtrechnungen abgedeckten Rechnungszeitraum und der Notwendigkeit, so schnell wie möglich zuverlässige Informationen zur Hand zu haben, ergeben sich bestimmte charakteristische Besonderheiten. Hierzu zählen die statistischen Methoden für die Berechnung der Ergebnisse, saisonale Schwankungen und deren Behandlung, die Konsistenz von vierteljährlichen und jährlichen Gesamtrechnungen sowie bestimmte, durch den Rechnungszeitraum bedingte Besonderheiten der Ergebnisse. Diese typischen Merkmale werden in einen Handbuch der vierteljährlichen Gesamtrechnungen, das Eurostat vor der Anwendung der vorliegenden Methodik zu veröffentlichen beabsichtigt, ausführlich behandelt.

12.04 Die statistischen Methoden für die Aufstellung der vierteljährlichen Gesamtrechnungen können erheblich von den für die jährlichen Gesamtrechnungen verwendeten Methoden abweichen. Erstere lassen sich in die beiden folgenden größeren Kategorien untergliedern: Direkte Verfahren und indirekte Verfahren. Bei den direkten Verfahren wird davon ausgegangen, daß im Vierteljahresintervall ähnliche Datenquellen, die entsprechend zu vereinfachen sind, wie für die Aufstellung der jährlichen Gesamtrechnungen zur Verfügung stehen. Demgegenüber beruhen die indirekten Verfahren auf der Disaggregierung der Daten der jährlichen Gesamtrechnungen anhand von mathematischen oder statistischen Methoden und unter Einsatz von Indikatoren, mit deren Hilfe die Schätzung von Vierteljahreswerten für das laufende Jahr vorgenommen wird. Bei der Wahl zwischen den verschiedenen indirekten Verfahren ist vor allem darauf zu achten, daß Prognosefehler für das laufende Jahr auf ein Mindestmaß reduziert werden, damit die vorläufigen Schätzungen für das ganze Jahr den endgültigen Zahlen so genau wie möglich entsprechen. Die Entscheidung, welcher der beiden Ansätze gewählt wird, hängt u. a. davon ab, welche Informationen auf Quartalsebene zur Verfügung stehen.

12.05 Die Reihen der vierteljährlichen Gesamtrechnungen zeigen häufig sehr kurzfristige Schwankungen bedingt durch Wetter, Gewohnheiten, Rechtsprechung usw. auf, die gewöhnlich als saisonale Schwankungen bezeichnet werden. Wenngleich saisonale Schwankungen für vierteljährliche Daten charakteristisch sind, stehen sie in vielen Fällen einer korrekten Ermittlung und Analyse der zyklischen Trends im Wege. Aufgrund dieser Überlegung ist es erforderlich, sowohl saisonbereinigte als auch nicht-saisonbereinigte Ergebnisse zu erstellen. Dabei ist die Konsistenz der saisonbereinigten Daten sicherzustellen. In engem Zusammenhang mit der Saisonbereinigung steht die Kalenderbereinigung, auf die in dem Eurostat-Handbuch näher eingegangen werden muß.

12.06 Da für die vierteljährlichen Gesamtrechnungen der gleiche konzeptionelle Rahmen verwendet wird wie für die jährlichen Gesamtrechnungen, müssen beide im Zeitablauf konsistent sein. Das heißt, bei den Stromgrößen muß die Summe der vierteljährlichen Werte gleich den jährlichen Werten für das betreffende Jahr sein. Für die vorangegangenen Jahre läßt sich diese Bedingung im Prinzip ohne Schwierigkeiten erfüllen. Für das laufende Jahr stellt sich jedoch das Problem der Priorität der vierteljährlichen vor den jährlichen Daten, da die vierteljährlichen Daten in der Regel eher zur Verfügung stehen als die jährlichen Daten. Dieses Problem läßt sich eventuell lösen, indem vereinbart wird, die vorläufigen Sch tzungen für die jährlichen Zahlen im Wege der Aggregierung der vierteljährlichen Zahlen zu erstellen. Stehen neue jährliche Daten zur Verfügung, die zu einer Revision der vorläufigen Zahlen führen, so sind die vierteljährlichen Daten entsprechend zu ändern. Beruhen die Systeme auf den gleichen Konzepten, so sind die (vorläufigen) jährlichen Gesamtrechnungen ein Nebenprodukt der vierteljährlichen Gesamtrechnungen, ohne daß getrennte jährliche Berechnungen anzustellen sind.

12.07 Die zeitliche Konsistenz muß sowohl für bereinigte als auch für bereinigte Daten – entsprechend den Verfahren für die Saisonbereinigung – gewährleistet sein.

12.08 Die meisten Transaktionen und Kontensalden verteilen sich im allgemeinen in etwa gleichmäßig auf alle Quartale. Einige Transaktionen konzentrieren sich jedoch auf ein oder zwei Quartale des Jahres. Dies gilt für die Einkommensteuer, Dividenden, Zinsen usw. Die Behandlung dieser Transaktionen hängt im wesentlichen davon ab, wie die entsprechenden Zahlen zur Verfügung stehen.

12.09 Theoretisch spricht nichts dagegen, die vierteljährlichen Gesamtrechnungen nach dem gleichen Schema zu erstellen wie die jährlichen Gesamtrechnungen. In der Praxis ist jedoch eine Vereinfachung und Straffung dieses Schemas angezeigt, um möglichst rasch über zuverlässige vierteljährliche Daten verfügen zu können (siehe Tabellenprogramm des ESVG 1995 und zu liefernde Daten).