Warenexporte und Warenimporte (P.61 und P.71)

3.132 Warenexporte und Warenimporte finden statt, wenn zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden ein Wechsel des Eigentums an den Waren erfolgt (unabhängig davon, ob physisch die Grenze überschritten wird).

3.133 In vier Fällen wird jedoch der Grundsatz des Eigentumswechsels für die Buchung der Warenexporte und -importe modifiziert:

  1. beim Finanzierungs-Leasing wird ein Wechsel des Eigentums an den Waren vom Leasinggeber zum Leasingnehmer unterstellt. Der Vorgang wird dann gebucht, wenn der Leasingnehmer die Güter in Besitz nimmt (siehe auch Anhang II);
  2. Lieferungen zwischen Einheiten, die einer institutionellen Einheit gehören (z.B. Filialen). Hier wird ein Eigentumswechsel unterstellt, wenn zwischen den verbundenen Einheiten Waren geliefert werden;
  3. Waren, die Gegenstand von erheblichen Lohnveredelungs- oder Reparaturarbeiten sind, werden sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen gebucht, wenngleich das Eigentum nicht wechselt;
  4. Transithandel: Wenn Händler Waren von Gebietsfremden kaufen und im gleichen Rechnungszeitraum an Gebietsfremde verkaufen, werden weder Importe noch Exporte gebucht. Gleiches gilt für den Transithandel von Gebietsfremden.
3.134 In folgenden Fällen finden Warenexporte statt, ohne daß die Waren dabei jemals die Staatsgrenze überschreiten:
  1. von gebietsansässigen Einheiten, die in internationalen Gewässern tätig sind, werden Waren erzeugt und direkt an Gebietsfremde in anderen Ländern verkauft (Erdöl, Erdgas, Fischereierzeugnisse, maritimes Bergungsgut usw.);
  2. Transporteinrichtungen oder andere Ausrüstungen müssen die Grenze des Ausfuhrlandes beim Verkauf durch einen Gebietsansässigen an einen Gebietsfremden nicht unbedingt überschreiten;
  3. Waren gehen nach dem Eigentumswechsel verloren oder werden zerstört, noch bevor sie die Grenze des Ausfuhrlandes überschritten haben.
Ähnliches gilt auch für Warenimporte.

3.135 Zu den Warenexporten und Warenimporten gehören Transaktionen zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden einschließlich:

  1. Nichtwährungsgold, d.h. Gold, das nicht für währungspolitische Zwecke verwendet wird;
  2. Silberbarren, Diamanten sowie sonstigen Edelmetallen und Edelsteinen;
  3. ungültige Geldscheine und Münzen (etwa für Sammlerzwecke) und noch nicht ausgegebene Wertpapiere zum Materialwert und nicht etwa zum Nennwert;
  4. Elektrizität, Gas und Wasser;
  5. über die Grenzen getriebenes Vieh;
  6. Postpakete;
  7. Warenexporte des Staates auch als Transfer oder durch Kredit finanziert;
  8. Eigentumswechsel an Waren in einem Ausgleichslager zur Stabilisierung der Weltmarktpreise (buffer stock organisation);
  9. firmeninterne Lieferungen an Filialen in der übrigen Welt;
  10. firmeninterne Bezüge von Filialen außerhalb des Wirtschaftsgebietes;
  11. Schmuggelware;
  12. nichterfaßte Warenströme, wie Geschenke oder Transaktionen unterhalb von Abschneidegrenzen;
  13. in der übrigen Welt lohnveredelte Waren, wenn an ihnen wesentliche physische Veränderungen vorgenommen werden, sowie ähnliche Waren, die im Inland im Auftrag von Gebietsfremden lohnveredelt werden;
  14. im Ausland reparierte Investitionsgüter, wenn ein beträchtlicher Umfang an Sanierungs- bzw. Fertigungsarbeiten anfällt, sowie im Inland im Auftrag von Gebietsfremden reparierte ähnliche Güter.

3.136 Nicht zu den Warenexporten und Warenimporten gehören folgende Waren, selbst wenn sie die Staatsgrenze überschreiten:

  1. Waren bei der Durchfuhr durch ein Land;
  2. Waren, die an eigene Botschaften, Militärstützpunkte oder sonstige Enklaven in der übrigen Welt gesendet oder von ihnen bezogen werden;
  3. Fahrzeuge und sonstige bewegliche Ausrüstungen, die ohne Eigentumswechsel das Land vorübergehend verlassen, (z.B. Baugeräte für Bau- und Montagearbeiten im Ausland);
  4. Ausrüstungen und sonstige Waren, die zum Zwecke geringfügiger Veredelung, Instandsetzung, Wartung oder Reparatur in die übrige Welt versendet werden;
  5. sonstige vorübergehend das Wirtschaftsgebiet verlassende und im allgemeinen innerhalb eines Jahres im Originalzustand und ohne Eigentumswechsel wieder zurückgeführte Waren (z.B. für Ausstellungen bzw. zu Unterhaltungszwecken ins Ausland geschickte Waren, im Zuge von Operating-Leasing – auch über mehrere Jahre – versandte Waren, infolge nicht zustande gekommener erwarteter Verkäufe zurückgehende Waren, also "Rückwaren");
  6. zerstörte Kommissionswaren, die die Grenze überschritten haben, vor Übergang des Eigentums.
3.137 Warenexporte und Warenimporte sind grundsätzlich beim Übergang des Eigentums an den Waren zu buchen. In der Praxis gilt der Eigentumswechsel als vollzogen, wenn die Transaktion in den Büchern der Beteiligten ausgewiesen wird. Dieser Zeitpunkt muß nicht übereinstimmen mit dem Zeitpunkt:
  1. des Vertragsabschlusses;
  2. der Lieferung, wenn also die Forderung entsteht;
  3. der Begleichung der Verbindlichkeit (Zahlungszeitpunkt).
3.138 Warenexporte und Warenimporte werden zum fob-Wert (frei an Bord) an der Grenze des Ausfuhrlandes ausgewiesen. Dieser Wert enthält folgende Bestandteile:
  1. den Wert der Waren zu Herstellungspreisen;
  2. zuzüglich der damit zusammenhängenden Verkehrs- und Verteilungsdienstleistungen bis zur Ausfuhrgrenze, gegebenenfalls einschließlich der Kosten der Verladung auf ein Beförderungsmittel für den Weitertransport (siehe Tabelle 3.4 zweiter Teil zweite Spalte);
  3. zuzüglich sämtlicher Steuern abzüglich Subventionen auf die ausgeführten Waren. Bei Intra-EU-Lieferungen sind darin die Mehrwertsteuer sowie sonstige Steuern enthalten, die im Ausfuhrland auf die Waren erhoben werden.
In den Aufkommens- und Verwendungstabellen sowie in den symmetrischen Input-Output-Tabellen ist der Warenimport in Gütergliederung anders zu bewerten, nämlich zum cif-Wert (Kosten, Versicherung, Fracht) an der Grenze des Einfuhrlandes.

Definition:

Der cif-Wert ist der Wert einer an die Grenze des Einfuhrlandes gelieferten Ware oder der Wert einer einem Gebietsansässigen erbrachten Dienstleistung vor der Zahlung eventueller Zölle oder Importabgaben oder Handels- und Transportspannen im Einfuhrland .

3.139 Die Verwendung von Ersatzwerten für den fob-Wert kann zum Beispiel unter folgenden Umständen erforderlich werden:

  1. beim Tausch von Waren ist der Herstellungspreis zu berücksichtigen, der bei ihrem Verkauf gegen bar erzielt worden wäre;
  2. bei firmeninternen Transaktionen zwischen Filialen sind die tatsächlichen Transaktionswerte zu verwenden. Wenn diese allerdings stark von den Marktpreisen abweichen, sind sie durch geschätzte Marktpreisäquivalente zu ersetzen oder zumindest für Analysezwecke getrennt auszuweisen;
  3. die im Rahmen von Finanzierungs-Leasing erworbenen Waren sind auf der Grundlage des vom Leasinggeber gezahlten Anschaffungspreises (nicht zum kumulierten Wert der Leasingzahlungen) zu bewerten;
  4. Warenimporte sind auf der Grundlage von Zollangaben (beim Extra-EU-Handel) oder von Intrastat-Angaben (beim Intra-EU-Handel) zu schätzen. Beide Datenquellen wenden nicht den fob-Wert an, sondern den cif-Wert an der EU-Grenze beziehungsweise die cif-Werte an der jeweiligen Staatsgrenze. Da fob-Werte nur auf der höchsten Aggregationsebene und cif-Werte auf Gütergruppenebene verwendet werden, wird nur auf der höchsten Aggregationsstufe mit Hile der cif/fob-Anpassung auf fob-Wert übergegangen;
  5. Mitunter müssen Informationen über Warenexporte und Warenimporte aus ver-schiedenen anderen Quellen gewonnen werden, die nur Angaben über den Umsatz und seine Aufgliederung nach Gütern liefern. Dann muß von Käufer- oder Verkaufspreisen ausgegangen werden.