Computergestützte Lehre der Makroökonomik


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 Gliederung der Vorlesung Makroökonomik I
 Das Software-Paket
 Copyright (GNU General Public License)
PD Dr. Hagen Bobzin
Fachbereich 5, Wirtschaftswissenschaften
Universität Siegen
57068 Siegen
Schlüsselbegriffe: Makroökonomik, computergestützte Lehre
JEL classification: A20, E12, F40, O40
e-mail: Bobzin@vwl.wiwi.uni-siegen.de

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Inhaltsvereichnis

1  Computergestützte Lehre der makroökonomischen Theorie
2  Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt
    2.1  Grundlegende Definitionen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
    2.2  Die Nachfrage auf dem Gütermarkt
        2.2.1  Der Konsum
        2.2.2  Die Investition
        2.2.3  Die Staatsausgaben
    2.3  Die Bestimmung des Gleichgewichts
        2.3.1  Sparsicht
        2.3.2  Konsumsicht
        2.3.3  Eigenschaften der IS-Kurve
3  Das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt
    3.1  Die Geldnachfrage
    3.2  Das Geldangebot
    3.3  Die Bestimmung des Gleichgewichts
        3.3.1  Die Ableitung der LM-Kurve
        3.3.2  Eigenschaften der LM-Kurve
        3.3.3  Der klassische Bereich der LM-Kurve
4  Die gesamtwirtschaftliche Endnachfrage
    4.1  Das simultane Gleichgewicht auf dem Güter- und Geldmarkt
    4.2  Ableitung der gesamtwirtschaftlichen Endnachfrage
5  Das gesamtwirtschaftliche Angebot
    5.1  Der Produktionssektor
    5.2  Der Arbeitsmarkt
6  Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht
    6.1  Die Lösung des Modells
        6.1.1  Formale Aspekte des interdependenten Gleichungssystems
        6.1.2  Der Preismechanismus
    6.2  Das Walras-Gesetz
    6.3  Die Keynes-Fälle
        6.3.1  Die Liquiditätsfalle
        6.3.2  Die Investitionsfalle
        6.3.3  Nach unten starre Geldlohnsätze
7  Erweiterungen
    7.1  Die offene Volkswirtschaft
        7.1.1  Das modifizierte Kontensystem
        7.1.2  Der modifizierte Gütermarkt
        7.1.3  Die Weltmärkte
        7.1.4  Mechanismen zum Ausgleich der Zahlungsbilanz
    7.2  Wirtschaftswachstum


1  Computergestützte Lehre der makroökonomischen Theorie

Bis zum heutigen Tag begnügen sich die meisten Lehrbücher der makroökonomischen Theorie damit, den Studierenden die mathematischen Grundlagen und ihre Implikationen anhand von Schaubildern zu erklären. Dabei wird auf virtuose Weise beschrieben, wie sich Verschiebungen und Drehungen von Kurven ökonomisch auswirken. Häufig findet man sogar ganze Systeme von Quadranten, deren Interdependenzen kaum noch zu überschauen sind (Dernburg, McDougall (1981,S. 135]). Der vorliegende Beitrag hat das Ziel, dem Studierenden mit Hilfe des Computers zu zeigen, wie sich das Gleichungssystem eines keynesianischen Makromodells visuell veranschaulichen lässt. Damit unterscheidet sich der Ansatz von Anderson (1993) , wo die Betonung auf der symbolischen Berechnung liegt. Andere Arbeiten wie Mercado, Kendrick, Amman (1998) beklagen, dass die Programmierung für den Studierenden vollkommen undurchsichtig bleibt. Sie stellen daher ein Programm vor, bei dem der Studierende selbst, das entsprechende Gleichungssystem eingibt, wobei im Wesentlichen numerischer Output erzeugt wird. Obwohl der Sourcecode des hier vorgestellten Programms frei verfügbar ist, wird die eigentliche Programmierung nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Als Beispiel ist ein einfaches makroökonomisches Modell keynesianischer Prägung gewählt worden, wie es bereits in den ersten Semestern eingeführt wird. Dabei konzentriert sich das Programm auf solche Effekte, die sich auf Grund von Änderungen der Parameter oder der Instrumentvariablen einstellen. Das Preisniveau als endogene Variable spielt eine gesonderte Rolle, um inflatorische Vorgänge auf dem Weg hin zu einem simultanen gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht besser darstellen zu können. Exemplarisch wird das Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität um einzelne Aspekte ergänzt. Zum einen lässt sich eine offene Volkswirtschaft berücksichtigen, so dass Handelsbeziehungen abgebildet werden können. Hier werden die Ausgleichsmechanismen der Zahlungsbilanz eine besondere Rolle spielen. Zum anderen ist es möglich, Vorgänge des ökonomischen Wachstums darzustellen.

Man beachte, dass das Programm zu didaktischen Zwecken auf sehr einfachen Annahmen beruht, wobei viele Grundlagen in Otruba, Munduch, Stiassny (1996) wiederzufinden sind. Ergänzende Inhalte lassen sich den Lehrbüchern von Sachs, Larrain (1993) oder auch Mankiw (1998) entnehmen. Insbesondere die Ableitung des Weltimportmarktes und des Weltexportmarktes kann in Siebert (1994) nachgelesen werden. Die Wachstumsvorgänge lehnen sich an das neoklassische Modell von Solow und Swan an, wie es in Barro, Sala-i-Martin (1998) geschildert wird.

Für Hinweise und Anregungen steht der Autor jederzeit zur Verfügung (e-mail: Bobzin). Allerdings sollte bedacht werden, dass sich der Beitrag in erster Linie an Studierende richtet, um ihnen das Zusammenwirken der verschiedenen aggregierten Märkte zu verdeutlichen. In der vorliegenden Fassung kann das Programm nur andeuten, wie sich weiterführende Theorien der Makroökonomik integrieren lassen.

Zum eigentlichen Computerprogramm ist anzumerken, dass es in C++ geschrieben worden ist und auf den Bibliotheken von Qt 5.7 basiert. Diese Software ist frei verfügbar und wird häufig als GUI-Entwicklungsumgebung für Linux eingesetzt. Neben dem online manual hat Lehnert (1999) ein gut strukturiertes Handbuch zur Verfügung gestellt. Geeignete Software vorausgesetzt ist es möglich, den Quellcode auch unter Windows zu kompilieren. Damit steht außer der Linux-Version auch eine lauffähige Version für Windows zur Verfügung. Sollte Interesse am eigentlichen Quellcode bestehen, um eigene Ideen zu verwirklichen, kann man die jeweils aktuelle und dokumentierte Software hier herunterladen.

2  Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt

2.1  Grundlegende Definitionen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

Für die volkswirtschaftliche Kreislaufanalyse einer geschlossenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität sind zunächst drei gesamtwirtschaftliche Konten von zentraler Bedeutung, nämlich das Produktionskonto (1), das Einkommenskonto (2) sowie das Finanzierungskonto1 (3).

Y
= C+I+CSt+ISt
(1)
C+S+CSt+SSt
= Y
(2)
I+ISt
= S+SSt
(3)

Da Abschreibungen unberücksichtigt bleiben, bezeichnet I die Nettoinvestition. Solange der Staat keine indirekten Steuern erhebt, stimmen die Verkaufserlöse, also der private Konsum C, die private Investition I und die Ausgaben des Staates

G = CSt+ISt,

mit dem Faktoreinkommen bzw. dem Nettoinlandsprodukt Y überein. Ohne außenwirtschaftliche Beziehungen unterscheidet sich Y nicht vom Nettonationaleinkommen. Dieses sogenannte Volkseinkommen spiegelt die Faktoreinkommen wider, auf die direkte Steuern T zu zahlen sind. Die Steuereinnahmen werden zur Deckung der Staatausgaben G benötigt, wobei der Staat den Teil CSt konsumiert und den Rest SSt = TCSt für öffentliche Investitionen ISt ausgibt. Das resultierende verfügbare Einkommen des privaten Sektors Yv = YT wird ebenfalls zu Konsumzwecken C verwendet, wobei das Residuum die Ersparnis S bezeichnet. Die Gleichung (3) stellt die einkommenschaffenden Tatbestände I+ISt den einkommenvernichtenden Tatbeständen S+SSt gegenüber. Die vertrautere Form

I+G = S+T,
(4)

ergibt sich, indem man CSt auf beiden Seiten der Gleichung (3) addiert. In Bezug auf das buchungstechnische Resultat (4) mag es hilfreich sein, den staatlichen Konsum ganz zu vernachlässigen, CSt = 0. Hält sich der Staat an seine Budgetgleichung, dann gilt ISt = G = T = SSt. Ohne diese Annahme gehen in (4) sämtliche Informationen über die Kreditverflechtung zwischen dem privaten Sektor und dem Staat verloren. Alternativ stellt sich das Ergebnis (4) auch dann ein, wenn man das Produktionskonto Y = C+I+G und das Einkommenskonto des privaten Sektors C+S = YT konsolidiert. Ohne Staat erhält man die vertrautere ex-post Identität als

IS,

die sich auch dann ergibt, wenn der Staat weder investiert noch spart, ISt = SSt = 0.

2.2  Die Nachfrage auf dem Gütermarkt

2.2.1  Der Konsum

Entsprechend der von J. M. Keynes eingeführten absoluten Einkommenshypothese wird unterstellt, dass die Konsumnachfrage der Haushalte linear mit dem verfügbaren Einkommen Yv steigt, C(Yv) = C0+cYv, wobei Yv = YT(Y). Darin bezeichnet C0 den autonomen Konsum und dC/dYv = c die marginale Konsumquote. Außerdem erhebt der Staat eine Einkommensteuer T(Y) = tY mit dem Steuersatz t, um Einnahmen zu erzielen. Die resultierende Konsumfunktion

C(Y) = C0+c(1−t)Y
(5)

enthält demnach die Parameter C0, c und t. In der Kopfzeile der Abbildung 1 werden die zugehörigen numerischen Werte unter (1), (2) und (3) angezeigt.2 Demnach gilt derzeit für die marginale Konsumquote c = 0,7, der Steuersatz ist auf taxt = 0,4 gesetzt worden und der autonome Konsum hat den Wert Caut = C0 = 130. Sämtliche Variablen können mit Hilfe der Schieberegler modifiziert werden, die über den jeweiligen Variablen zu sehen sind. Die entsprechenden Effekte werden unmittelbar grafisch umgesetzt. Über das Icon Icon lassen sich die Ausgangswerte jederzeit wieder herstellen.

Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt   Abbildung 1: Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt

2.2.2  Die Investition

Im Quadranten (6) ist neben den konstanten Staatsausgaben G eine zinsabhängige Investitionsfunktion dargestellt, die der folgenden Vorschrift genügt:

I(i) = {
   für    i < i1
I0−ρi
   für    i1ii2
0
   für    i2 < i
(6)

Der positive Parameter ρ drückt aus, dass die Investition mit steigendem Zinssatz im Bereich i1ii2 abnimmt. Die Ableitung einer solchen Keynesschen Investitionsfunktion aus statischer Sicht kann man in Woll (2000,S. 359 ff.] nachlesen, wo die optimale Investition als Differenz zwischen dem optimalen und dem aktuellen Kapitalstock K ermittelt wird. Das entsprechende Problem der dynamischen Optimierung ist Sargent (1994, S. 131 ff.] zu entnehmen. In beiden Fällen verschwindet die Investition vollständig, sobald der reale3 Zinssatz i die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals (P/PK) ∂Y/∂K bzw. i2 übersteigt.

Die mit i1 und i2 bezeichneten Knickstellen können variiert werden, indem der Benutzer seine Maus in den Quadranten (6) führt. Bei gedrückter linker Maustaste lässt sich die untere linke Ecke horizontal bewegen. Analog kann die obere Ecke vertikal verschoben werden, indem man die rechte Maustaste gedrückt hält. Die implizite Änderung des Parameters ρ wird automatisch in die entsprechenden grafischen Effekte umgesetzt.

2.2.3  Die Staatsausgaben

Neben der Investition enthält der Quadrant (6) auch die Staatsausgaben G, die sich wie eine vollständige Verschiebung von I(i) auswirken. Unter (4) kann der derzeitige Wert für die Staatsausgaben G = 50 im Sinne der Fiskalpolitik abgeändert werden.

2.3  Die Bestimmung des Gleichgewichts

2.3.1  Sparsicht

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die ex post Identität (ohne staatliche Aktivität) IS jederzeit erfüllt ist. Dabei bezieht sich die Identität auf die realisierte Investition I, die die geplante und die ungeplante Investition enthält. Der Gütermarkt befindet sich jedoch nur dann in einem Gleichgewicht, wenn alle ungeplanten Tatbestände verschwinden (Mankiw (1998, S. 305-307]). In diesem Sinne bezeichnet die rote IS-Kurve im Quadranten (5) der Abbildung 2 den geometrischen Ort aller Gleichgewichte auf dem Gütermarkt.

Die Herleitung der IS-Kurve kann auf zwei Wegen erfolgen. Während die sogenannte Sparsicht auf die Gleichgewichtsbedingung (4) rekurriert, bezieht sich die Konsumsicht auf die Gleichung (1).
Im vorliegenden Fall stellt der Quadrant (7) die Gleichgewichtsbedingung I+G = S+T dar. Die Herleitung der Sparfunktion S(Y) ergibt sich aus (2) als S = YCT. Unter Berücksichtigung der Verhaltensgleichungen erhält man

S(Y)
=
YC0c(1−t)YtY
=
C0+(1−c)(1−t)Y.

Da im Quadranten (8) nicht nur die Sparfunktion, sondern auch die Steuerfunktion enthalten ist, beschreibt die dargestellte Gerade die Beziehung S(Y)+T(Y) = −C0+(1−c(1−t))Y. Man beachte, dass für sehr kleine Einkommen entspart werden muss, um den autonomen Konsum zu decken.

Abschließend wird die IS-Kurve konstruiert. Formal ist die implizite Gleichung

I(i)+G = S(Y)+T(Y)

nach dem Zinssatz i aufzulösen. Geometrisch reicht es aus, einen Zinssatz i* vorzugeben. Damit liegt nicht nur die realisierte Investition I(i*), sondern auch I(i*)+G fest. Über die obige Gleichung kann nun S(Y*)+T(Y*) bestimmt werden, womit auch das zugehörige gleichgewichtige Volkseinkommen Y* bekannt ist; die realisierte und die geplante Investition stimmen überein. Das Punktepaar (i*,Y*) ist zwar nicht explizit der Abbildung 1 zu entnehmen, dennoch sollte das Konstruktionsprinzip mit Hilfe der grau eingezeichneten Linien nachvollziehbar sein. Die vollständige IS-Kurve ergibt sich, indem man die geschilderte Ableitung für alle Zinssätze wiederholt.

2.3.2  Konsumsicht

Optional kann die Konsumsicht über das Icon Icon eingestellt werden. In diesem Fall dient die 45°-Linie im Quadranten (7) der Abbildung 2 lediglich der Übertragung des I+G-Wertes aus dem Quadranten (6) in den Quadranten (8). Dort wird die Gleichgewichtsbedingung (1) ebenfalls als 45°-Linie angegeben. Außerdem ist die Kurve I+G+C = I(i)+G+C0+c(1−t)Y abgetragen worden. Gibt man wiederum den Zinssatz i* vor, so lautet der Ordinatenabschnitt dieser Kurve I(i*)+G+C0. Die ungeplante Investition ist im Schnittpunkt mit der Ursprungsgeraden

Y = I(i*)+G+C0+c(1−t)Y

gleich Null und legt das zugehörige gleichgewichtige Volkseinkommen Y* fest. Wie zuvor lässt sich das Konstruktionsprinzip mit Hilfe der grauen Linien verfolgen. Jedes Einkommen Y′ < Y* impliziert, dass die geplanten Ausgaben C+I+G das tatsächliche Einkommen Y′ übersteigen. Der resultierende Nachfrageüberschuss kann nur gedeckt werden, indem die Läger abgebaut werden. Dieser Vorgang entspricht einer (negativen) ungeplanten Investition, wie sie der Abbildung 2 zu entnehmen ist. Das Programm liefert eine entsprechende Grafik, indem man mit der Maus auf einen Punkt im (Y,i)-Diagramm klickt.

Darstellung der ungeplanten Investition in der Konsumsicht   Abbildung 2: Darstellung der ungeplanten Investition in der Konsumsicht

2.3.3  Eigenschaften der IS-Kurve

Programmintern werden sämtliche Kurven analytisch konstruiert und nicht punktweise hergeleitet. Insbesondere für die IS-Kurve ergibt sich im Bereich i1ii2:

Y = C(YT(Y))+I(i)+G
(7)
Y = C0+c(1−t)Y+I0−ρi+G
Y = C0+I0+G
1−c(1−t)
ρ
1−c(1−t)
 i

Damit verschiebt jede Erhöhung einer autonomen Größe C0, I0 oder der Instrumentvariablen G die IS-Kurve nach rechts, so wie es vom Programm bestätigt wird. Man beachte, dass der für die Analyse wichtige Staatsausgabenmultiplikator

dY
dG
= 1
1−c(1−t)
> 0

in der grafischen Darstellung eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Die negative Steigung der IS-Kurve

di
dY
= − 1−c(1−t)
ρ

hängt von den Parametern c, t und ρ ab. Ändert man die Konsumquote oder den Steuersatz via Schieberegler, so stellen sich folgende Effekte ein:

∂(di/dY)
c
= 1−t
ρ
> 0
und
∂(di/dY)
t
= − c
ρ
< 0.

Mit Hilfe des Programms lässt sich kontrollieren, dass die IS-Kurve flacher verläuft, wenn die marginale Konsumquote c erhöht wird. Dagegen wird die Kurve steiler, wenn man den Steuersatz t anhebt. Der Parameter ρ > 0 wird implizit durch die beiden Knickstellen der Investitionskurve bestimmt.

−ρ = I(i1)−I(i2)
i1i2
= dI
di
< 0

Wenn man also I(i1) erhöht, dann nimmt ρ zu und die IS-Kurve verläuft flacher, denn

∂(di/dY)
∂ρ
= 1−c(1−t)
ρ2
> 0.

3  Das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt

3.1  Die Geldnachfrage

Auf dem Geldmarkt der Abbildung 3 werden zwei Kassenhaltungsmotive unterschieden. Wie in der klassischen Theorie betont die Transaktionskasse 4 LT die Tauschmittelfunktion des Geldes, während die von Keynes hinzugefügte Spekulationskasse LS die Rolle des Geldes als Vermögensobjekt hervorhebt. Die mehr oder weniger traditionelle Komponente dieser Keynesschen Theorie der Liquiditätspräferenz wird im Quadranten (6) dargestellt und besagt, dass die reale Transaktionskasse proportional vom Einkommen Y abhängt,5

LT(Y) = kY,
(8)

wobei der Kassenhaltungskoeffizient k > 0 numerisch unter (1) als k = 0,07 vorgegeben ist.

Außer über den Schieberegler kann der Wert für k auch indirekt mit Hilfe der Maus manipuliert werden, indem man die Kurve im Quadranten (6) bei gedrückter rechter Maustaste verschiebt.

Geldmarkt   Abbildung 3: Geldmarkt

Für die zinsabhängige Spekulationskasse im Quadranten (4) wird eine ähnliche Vorschrift wie für die Investition gewählt:

LS(i) = {
   für    i < i1
LS0−δi
   für    i1′ ≤ ii2
0
   für    i2′ < i
(9)

Analog zur Investitionsfunktion kann auch der Parameter δ > 0 nur indirekt eingestellt werden, indem man die Knickstellen der LS-Kurve mit der Maus verändert.

−δ = LS(i1′)−LS(i2′)
i1′−i2
= dLS
di

Der positive Parameter δ besagt, dass die Liquiditätspräferenz für spekulative Zwecke gegenüber Wertpapieren6 zunimmt, wenn der Zinssatz i bei gegebenen Erwartungen über den zukünftigen Zinssatz fällt. Dabei wird die Geldnachfrage vollkommen elastisch, wenn der Zinssatz eine untere Grenze erreicht, d.h. ∂L/∂i→ −∞ für ii1′.

Die gesamtwirtschaftliche reale Geldnachfrage L(Y,i) = LT(Y)+LS(i) wird nun dem Geldangebot gegenübergestellt.

3.2  Das Geldangebot

Damit die reale Geldnachfrage mit dem nominalen Geldangebot M verglichen werden kann, muss M durch das an dieser Stelle parametrisch gegebene Preisniveau P dividiert werden. Als Instrument der Geldpolitik lässt sich das nominale Geldangebot M parametrisch unter (2) verändern.

Der Startwert M = 110 kann auch hier indirekt manipuliert werden, indem man die Kurve im Quadranten (5) bei gedrückter rechter Maustaste verschiebt. An dieser Stelle bleibt der Geld- und Kreditschöpfungsmechanismus unbeachtet, so dass insbesondere von einer Steuerung der Geldmenge mit Hilfe eines Mindestreservesatzes abgesehen werden muss.

3.3  Die Bestimmung des Gleichgewichts

3.3.1  Die Ableitung der LM-Kurve

Analog zum Gütermarkt lässt sich nun die LM-Kurve als geometrischer Ort aller Gleichgewichte auf dem Geldmarkt herleiten. Zu diesem Zweck enthält der Quadrant (5) die Gleichgewichtsbedingung

M/P = LT+LS.
(10)

Unter formalen Gesichtspunkten ergibt sich die grüne LM-Kurve im Quadranten (3), indem man die Verhaltensgleichungen für die Transaktionskasse und die Spekulationskasse einsetzt und nach dem Zinssatz auflöst. Aus geometrischer Sicht wird wie zuvor ein Zinssatz i* vorgegeben. Damit ist LS = LS(i*) bekannt, so dass sich LT = M/PLS bestimmen lässt. Nun kann über LT = LT(Y*) das zugehörige gleichgewichtige Einkommen Y* angegeben werden. Dieses Konstruktionsprinzip wird durch die grauen Linien veranschaulicht und liefert den ersten Punkt (i*,Y*) auf der LM-Kurve .

3.3.2  Eigenschaften der LM-Kurve

Der Verlauf der LM-Kurve im Bereich i1′ ≤ ii2′ ergibt sich aus

M/P = kY+LS0−δi = L(Y,i).
(11)

Ohne diese Gleichung nach dem Zinssatz aufzulösen, kann die (positive) Steigung der LM-Kurve über den Satz der impliziten Differentiation angegeben werden,

di
dY
= −L/∂Y
L/∂i
= − k
−δ
.

Die Steigung nimmt zu, wenn der Parameter k erhöht oder wenn δ gesenkt wird. Analog verschiebt eine Ausweitung der Geldmenge M die LM-Kurve nach rechts, während eine Erhöhung des Preisniveaus die LM-Kurve nach links schiebt. Auch hier können die Ergebnisse direkt kontrolliert werden, indem man die entsprechenden Variablen mit der Maus ändert. Wird beispielsweise im Quadranten (6) die rechte Maustaste festgehalten, so lässt sich die Steigung der LT-Kurve, also k, unmittelbar variieren. Die entsprechenden Effekte auf die LM-Kurve werden simultan angezeigt.

3.3.3  Der klassische Bereich der LM-Kurve

Im Fall i2′ < i gibt es keine Spekulationskasse, d.h. LS(i) = 0, und Geld wird nur noch zu Transaktionszwecken nachgefragt, M/P = LT(Y). Die resultierende Beziehung M = k P Y wird zu Ehren von Marshall und Pigou als Cambridge-Gleichung bezeichnet. Sie besagt zunächst nichts anderes, als dass die Geldmenge M benötigt wird, um bei der durchschnittlichen Kassenhaltungsdauer k das nominale Volkseinkommen P Y umzusetzen. Definiert man nun die Umschlagshäufigkeit des Geldes v als Kehrwert der Kassenhaltungsdauer v = 1/k, so ergibt sich die Quantitätsgleichung bzw. Fishersche Verkehrsgleichung

M v = P Y.

Unter der Annahme, dass die Umschlagshäufigkeit konstant ist,

v = v resultiert die Quantitätstheorie

M v = P Y.   Wenn also das reale Einkommen angebotsseitig festliegt (Y = konst.), dann ist das Preisniveau eine Funktion der nominalen Geldmenge, P = f(M). Daher wird der zugehörige vertikale Bereich der LM-Kurve häufig als klassischer Bereich bezeichnet.

Auf den von Keynes betonten Fall einer vollkommen elastischen Geldnachfrage mit ∂L/∂i→ −∞ wird später genauer eingegangen. Im Gegensatz zum klassischen - also vertikalen - Bereich handelt es sich hierbei um den horizontalen Bereich der LM-Kurve .

4  Die gesamtwirtschaftliche Endnachfrage

4.1  Das simultane Gleichgewicht auf dem Güter- und Geldmarkt

IS-LM System   Abbildung 4: Gesamtwirtschaftlicher Nachfrageüberschuss in einer geschlossenen Volkswirtschaft

Die zuvor abgeleitete IS-Kurve (7) und die LM-Kurve (11) werden nun in ein gemeinsames (Y,i)-Diagramm übertragen, das dem oberen Teil (1) der Abbildung 4 zu entnehmen ist. Im Schnittpunkt der roten IS-Kurve mit der grünen LM-Kurve stellt sich ein simultanes Gleichgewicht ein, bei dem sowohl der Gütermarkt als auch der Geldmarkt für das gegebene Preisniveau P ausgeglichen sind. Die zugehörigen numerischen Werte i* und YD* sind dem Feld (2) zu entnehmen, wobei auch das zugrundeliegende Preisniveau PD ausgewiesen wird. Auch die grauen Hilfslinien beziehen sich auf dieses Gleichgewicht.

Für eine geschlossene Volkswirtschaft kann die Stabilität des IS-LM-Gleichgewichts getestet werden, indem man mit der Maus einen Startpunkt im (Y,i)-Diagramm (1) antippt.
Der implementierte Algorithmus berechnet dann einen Zeitpfad, der ähnlich zu Otruba, Munduch, Stiassny (1996,S. 183]veranschaulicht, wie das System nach einer Störung in sein Gleichgewicht zurückfindet. Die Idee des Anpassungsmechanismus basiert auf zwei Beobachtungen. Erstens sind Punkte unterhalb der LM-Kurve bei dem gegebenen Einkommen Y mit einer Überschussnachfrage nach Geld verbunden, LS(i) > M/PkY. Da das reale Geldangebot M/P fixiert ist, kann die Überschussnachfrage nur durch einen entsprechenden Verkauf von Wertpapieren gedeckt werden. Der resultierende Angebotsüberschuss auf dem Wertpapiermarkt7 lässt die Wertpapierkurse fallen, so dass der Zinssatz i steigt, bis der Geldmarkt wieder im Gleichgewicht ist. Analog implizieren Punkte oberhalb der LM-Kurve, dass der Zinssatz fällt.

Zweitens bedeuten Punkte rechts der IS-Kurve bei dem gegebenen Zinssatz i, dass die erwartete Nachfrage Y = C+S+T größer als die tatsächliche Nachfrage Y = C+I+G ist. Der ungeplante Lageraufbau impliziert eine Kontraktion des Einkommens, so wie das Einkommen bei einem ungeplanten Lagerabbau expandiert.

Bis auf diesen Anpassungsmechanismus basieren alle Berechnungen des Programms auf der Annahme, dass das simultane IS-LM-Gleichgewicht stets eingehalten wird. Weder auf dem Geldmarkt noch auf dem Gütermarkt treten ungeplante Größen auf.

4.2  Ableitung der gesamtwirtschaftlichen Endnachfrage

Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Preisniveau P als exogene Variable behandelt worden, wobei zu Beginn8 P = 1 gilt. Wenn man jedoch ein neues Preisniveau einstellt, so fällt unmittelbar auf, dass mit P auch das IS-LM-Gleichgewicht (Y*,i*) variiert. Unter Vernachlässigung des Zinssatzes wird jedem Preisniveau P ein gleichgewichtiges Einkommen zugeordnet, das von der Nachfrageseite her bestimmt ist und daher mit YD bezeichnet wird. Die zugehörige geometrische Beziehung entspricht der blauen Kurve im Quadranten (3) der Abbildung 4. Analytisch wird diese Kurve hergeleitet, indem man das simultane Gleichgewicht auf dem Gütermarkt - also die IS-Kurve (7) - und dem Geldmarkt - also die LM-Kurve (11) - nach dem Preisniveau auflöst:

I(i)+G = S(Y)+T(Y)
   ⇔   
i = f1(Y)
M
P
= LT(Y)+LS(i)
   ⇔   
i = f2(Y,P)
   ⇒   f1(YD) = f2(YD,P)

Bereits im vorliegenden extrem einfachen Beispiel wird es schwierig, aus dieser Beziehung die explizite gesamtwirtschaftliche Nachfrage YD als Funktion von P zu bestimmen. Schon einfache Änderungen der marginalen Konsumquote c zeigen, wie vielfältig sich die Nachfragekurve verändert und wie viele Sonderfälle zu beachten sind. Allerdings müssen Variationen des Preisniveaus stets dazu führen, dass das angezeigte Gleichgewicht auf der unveränderten blauen Kurve entlang wandert.

5  Das gesamtwirtschaftliche Angebot

5.1  Der Produktionssektor

Der nächste Schritt besteht darin, die zuvor abgeleitete Nachfrage YD = YD(P) um ein entsprechendes Angebot YS zu ergänzen. Zu diesem Zweck wird im Quadranten (6) der Abbildung 4 eine gesamtwirtschaftliche Produktionsfunktion Y = Y(N,K) eingeführt. Für das Programm ist eine linear-homogene Cobb-Douglas-Funktion

Y = Ka Nb    mit   a+b = 1
(12)

gewählt worden, wobei der Kapitalstock zunächst als konstant unterstellt wird, K = Kkonst.

Der zugehörige Schieberegler in der Abbildung 9 zeigt, dass der Kapitalstock zu Beginn auf K = 1000 festgelegt worden ist. Auch dieser Wert kann manipuliert werden, indem man bei gedrückter rechter Maustaste den Grafen der Produktionsfunktion verschiebt. Der Exponent des Kapitalstocks hat den Wert alpha = a = 0,3333. Abschließend lässt sich die nachgefragte Menge des Faktors Arbeit ND über die notwendige Bedingung der Gewinnmaximierung von der Inputseite bestimmen,

Y(ND,Kkonst)
N
= w
P
      ⇒       N = ND(w/P).
(13)

Darin wird angenommen, dass der Nominallohnsatz w sowie das Preisniveau P aus Sicht des Produktionssektors gegeben sind. Löst man diese Gleichung unter Beachtung der Cobb-Douglas-Funktion nach N auf, so resultiert die hyperbelartige Nachfragekurve im Quadranten (5) der Abbildung 4. Man beachte an dieser Stelle, dass nach dem Euler-Theorem

P YP Y
N
 N = P
PK
 Y
K
 PKK

kein positiver gesamtwirtschaftlicher Gewinn erzielt wird, d.h. P Yw Ni PK K = 0, sofern der reale Zinssatz i mit der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals (P/PK)∂Y/∂K übereinstimmt. Insofern stimmen die realen Erlöse Y mit den Faktorkosten überein, die sich aus den Löhnen wN/P und den Kapitalkosten iPKK/P zusammensetzen. Wie im Einkommenskonto (2) angedeutet worden ist, stimmt die reale Faktorentlohnung in der Tat mit dem realen Volkseinkommen überein.

5.2  Der Arbeitsmarkt

Auf dem Arbeitsmarkt werden der Reallohnsatz w/P und die Beschäftigung N bestimmt. Die Arbeitsnachfrage ND des Produktionssektors ist bereits hergeleitet worden. Damit fehlt eine letzte Verhaltensgleichung für das Arbeitsangebot NS. Die unterstellte Ursprungsgerade im Quadranten (5)

N = NS(w/P) = gw/P
(14)

besagt nichts Anderes, als dass das Arbeitsangebot mit steigendem Reallohnsatz zunimmt; die Kurve kann bei gedrückter rechter Maustaste verschoben werden. Die Herleitung einer solchen Angebotsfunktion findet man in Otruba, Munduch, Stiassny (1996,S. 115 ff.]. Das zugehörige Problem der Nutzenmaximierung geht davon aus, dass der Nutzen eine Funktion des realen Konsums C und der Freizeit F ist. Dabei ist zum einen die Zeitrestriktion NS+F = 1 zu beachten, wobei die Periodenlänge auf Eins normiert worden ist. Zum anderen darf der Konsum C das real verfügbare Einkommen Yv = (1−t)Y mit Y = (iPKK+wNS)/P nicht übersteigen. Man beachte, dass das intertemporale Entscheidungsproblem hier zur Vereinfachung vernachlässigt worden ist. Denn das verfügbare Einkommen Yv muss nicht nur den heutigen Konsum C, sondern auch den zukünftigen Konsum über die Ersparnis S abdecken,9 so wie es die Budgetrestriktion (2) verlangt, C+S = (1−t)Y.

Auf einem funktionsfähigen Arbeitsmarkt wird sich ein Gleichgewicht einstellen und zwar dort, wo Angebot NS und Nachfrage ND übereinstimmen,

N = NS(w/P) = ND(w/P).
(15)

Sofern alles, was produziert wird, auch angeboten wird, ergibt sich die magentafarbene Angebotsfunktion im Quadranten (3), YS = Y(N,Kkonst). Man beachte, dass diese vertikale Kurve nicht vom Preisniveau beeinflusst wird, weil sich der Nominallohnsatz w immer so an das Preisniveau P anpasst, dass derselbe Reallohnsatz (w/P)fix resultiert. Damit das gesamtwirtschaftliche Angebot und die gesamtwirtschafliche Nachfrage im Einklang stehen,

YD(P) = YS[ NS( (w/P)fix),Kkonst] ,
(16)

muss sich ein adäquates Preisniveau einstellen, womit gleichzeitig der Geldlohnsatz w determiniert ist.

6  Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht

6.1  Die Lösung des Modells

6.1.1  Formale Aspekte des interdependenten Gleichungssystems

Mit dem Arbeitsmarkt ist der letzte Teilmarkt vorgestellt worden, der für die Ableitung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts benötigt wird. Damit stehen neun Gleichungen zur Verfügung, nämlich (1), (5), (6), (8), (9), (10), (12), 2×(15), mit deren Hilfe sich potentiell die neun Variablen Y, i, C, I, LS, LT, P, N und w/P bestimmen lassen. Sofern man sich auf die fünf wesentlichen Variablen Y, i, P, N, w/P konzentriert, reicht es aus, die fünf Gleichungen: (7), (11), (12), 2×(15) heranzuziehen. Gleichzeitig können zwei Instrumente eingesetzt werden, um das Gleichgewicht von außen zu beeinflussen, nämlich die Staatsausgaben G und das nominale Geldangebot M.

Die Lösung des interdependenten Gleichungssystems beginnt wie in Böckmann, Rettig (1998) mit einem funktionsfähigen Arbeitsmarkt, so dass sich der gleichgewichtige Reallohnsatz (w/P)* unabhängig vom Preisniveau dort einstellt, wo Vollbeschäftigung N* = NS = ND herrscht. Da das Angebot nicht vom Preisniveau abhängt, lautet das Vollbeschäftigungseinkommen, Y* = Y(N*,Kkonst). Also resultiert das gleichgewichtige Preisniveau P* aus Y* = YD(P). Damit liegt via M/P* = L(Y*,i) auch der Zinssatz i* fest. Schließlich lassen sich der Konsum und die Investition bestimmen.

6.1.2  Der Preismechanismus

Nachdem das Programm gestartet worden ist, wird der Anwender folgendes Problem feststellen. Einerseits wird für den Gütermarkt und den Geldmarkt zwar ein simultanes Gleichgewicht ausgewiesen, andererseits befindet sich auch der Arbeitsmarkt im Gleichgewicht. Dennoch besteht bei dem unterstellten Preisniveau P = 1 ein Nachfrageüberschuss, YD > YS. Um dieses Problem zu beseitigen10, kann das Preisniveau entweder per Schieberegler erhöht werden oder über das Icon Icon angepasst werden. Im letzten Fall wird ein beobachtbarer Preismechanismus ausgelöst, der P so lange erhöht, wie YD > YS gilt et vice versa. In fast allen getesteten Fällen reicht der implementierte Mechanismus aus, ein nahezu exaktes Gleichgewicht auf sämtlichen Märkten herzustellen.

6.2  Das Walras-Gesetz

In den bisherigen Ausführungen fällt auf, dass die Produktionsfunktion (12) zwar die eingesetzte (also nachgefragte) Menge des Faktors Kapital enthält, dass dieser Nachfrage jedoch kein entsprechendes Angebot gegenübersteht. Diese Lücke wird geschlossen, indem man die Grundgleichung der Vermögensrechnung für den Sektor der privaten Haushalte heranzieht; vgl. Stobbe (1994,S. 69 f.]. Um keinen zusätzlichen Markt für physische Kapitalgüter einführen zu müssen, wird unterstellt, dass die Unternehmen ihre gesamten Investitionen über Aktienemissionen finanzieren. Der Aktienwert V beschreibt damit das monetäre Äquivalent des Kapitalstocks K (Sachvermögen der Unternehmen) und nur die Haushalte fragen Aktien nach.11 Im vorliegenden Fall besteht das nominale Vermögen P W der Haushalte aus drei verschiedenen nominalen Forderungen: (1) der Aktienwert V als Forderung gegenüber den Unternehmen, (2) die Geldmenge M als Forderung gegenüber der Zentralbank und (3) die Forderungen gegenüber dem Staat B, wobei B den Wert der Schuldverschreibungen bezeichnet, die der Staat etwa zur Finanzierung seiner Budgetdefizite ausgibt.

V+B+M = P W
(17)

Das Pendant dieser Bestandsgleichung liefert das Vermögensänderungskonto des privaten Sektor I = S, wobei I = δK = δV die Änderung des Sachvermögens und S = δ(PW) die Änderung des Reinvermögens angibt. Für die Bilanzgleichung (17) ist nun die gewünschte Aufteilung des Vermögens12 in V+B und M herzuleiten (Sargent (1994,S. 14 f.]). Das optimale Portfolio stellt sich entsprechend der beiden Nachfragefunktionen (VD+BD)/P = b(Y,i,W) und MD/P = L(Y,i) ein, wobei für die Geldnachfrage unterstellt worden ist, dass sie nicht vom realen Vermögen W abhängt. Solange die privaten Haushalte ihre Bilanzrestriktion einhalten und der Geldmarkt im Gleichgewicht ist M/P = L(Y*,i*), muss auch

V+B
P
= W M
P
= VD+BD
P

erfüllt sein. Dieses Aussage entspricht dem Walras-Gesetz. Befinden sich drei der vier Märkte (Geld-, Güter-, Arbeits-, Wertpapiermarkt13) im Gleichgewicht und sind alle Budgetgleichungen erfüllt, dann ist auch der vierte Markt ausgeglichen.

Die klassische Sicht kann das Programm zur Zeit nicht darstellen. Auch dort wird die vertikale gesamtwirtschaftliche Angebotskurve Y* = YS aus einem funktionsfähigen Arbeitsmarkt abgeleitet, dessen Gleichgewicht durch (w/P)* und N* gekennzeichnet ist. Mit Hilfe der Quantitätstheorie Mv = PY*ist damit das Preisniveau P* determiniert.

Während im Programm von einer Konsumfunktion C(Yv) mit residualer Ersparnis S ausgegangen wird, unterstellt die Klassik die Gleichgewichtsbedingung S(i) = I(i), d.h., das reale Angebot und die reale Nachfrage auf dem Kapitalmarkt bestimmen den Zinssatz i*. Residual wird das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt YD = C+I(i*) hergestellt, indem man annimmt, dass sich jedes Angebot YS selbst seine Nachfrage YD schafft, so wie es das Saysche Theorem14 postuliert: C* = Y*I(i*).

Schließlich ist die Dichotomie von realen und monetären Größen einer Volkswirtschaft als Resultat der Quantitätstheorie zu betonen. Demnach ist die reale Sphäre (N*, Y*, i*, (w/P)*) unabhängig von den nominalen Variablen P* und w*. Eine Erhöhung der Geldmenge hat keine Auswirkung auf die realen Größen und bewirkt lediglich einen Preisanstieg, wobei neben P auch der Geldlohnsatz w steigt.

6.3  Die Keynes-Fälle

6.3.1  Die Liquiditätsfalle

Die Abbildung 5 zeigt eine sogenannte button group, mit deren Hilfe sich bestimmte Szenarien einstellen lassen, die aus der Keynesschen Analyse bekannt geworden sind.

Keynes Fälle   Abbildung 5: Wahl einiger Spezialfälle

In der Liquiditätsfalle wird eine vollkommen zinselastische Geldnachfrage unterstellt, d.h. ∂L/∂i = ∂LS/∂i = −∞. Mit Blick auf den Geldmarkt handelt es sich demnach um den horizontalen Bereich der LM-Kurve. Die weitere Analyse zeigt, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfragekurve YD an der Stelle des IS-LM-Gleichgewichts senkrecht verläuft. Der unterstellte Nachfragemangel spiegelt sich in einer Unterbeschäftigung wider, deren Umfang im Beispiel nicht besonders umfangreich ausfällt. Entscheident ist vielmehr, dass der Preismechanismus nicht in der Lage ist, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Die vollkommene Unwirksamkeit der Geldpolitik und die hohe Wirksamkeit der Fiskalpolitik können nun über die Veränderungen der Geldmenge M bzw. der Staatsausgaben G vorgeführt werden.

6.3.2  Die Investitionsfalle

Im zweiten Fall wird auf dem Gütermarkt eine vollkommen zinsunelastische Investitionsnachfrage angenommen, d.h. ∂I/∂i = 0. In diesem Bereich verläuft die IS-Kurve senkrecht. Auch hier resultiert eine gesamtwirtschaftliche Nachfragekurve YD, deren absolute Steigung im relevanten Bereich unendlich groß wird, ∂YD/∂P = −∞. Der gesamtwirtschaftliche Nachfragemangel mündet in der Arbeitslosigkeit, die wie zuvor auf dem Arbeitsmarkt rot dargestellt wird. Prinzipiell kann der Preismechanismus die Arbeitslosigkeit überwinden. Wenn das Preisniveau jedoch nicht beliebig reduziert werden kann, dann lässt sich die Effizienz wirtschaftspolitischer Maßnahmen über entsprechende Änderungen der beiden Instrumentvariablen demonstrieren.

6.3.3  Nach unten starre Geldlohnsätze

Wird ein minimaler Geldlohnsatz wmin > 0 über

3. Keynes Fall   Abbildung 6: Nach unten starrer Geldlohnsatz

den entsprechenden Schieberegler w_min eingestellt, so springt das Programm automatisch in eine Routine, die prüft, ob der Minimallohnsatz bei dem gegebenen Preisniveau den gleichgewichtigen Lohnsatz übersteigt. In diesem Fall wird die resultierende Unterbeschäftigung ausgewiesen, so wie es die Abbildung 6 darstellt. Außerdem wird die gesamtwirtschaftliche Angebotsfunktion dahingehend modifiziert, dass bei hohen Reallohnsätzen nicht auf dem Niveau der Vollbeschäftigung produziert wird. Die Hyperbel wmin = (wmin/PP wird in den entsprechenden Quadranten aufgenommen. Sie wird ausgeblendet sobald der gleichgewichtige Reallohnsatz w/P über wmin/P liegt. Man beachte, dass nun entweder Vollbeschäftigung herrscht oder die Ursache für Arbeitslosigkeit in einem Nachfragemangel zu suchen ist.

Je nach Situation kann der Preismechanismus die Arbeitslosigkeit in der Ausgangssituation vollständig abbauen, indem die zu hohen Reallohnsätze durch Preissteigerungen deflationiert werden. Wenn man jedoch, die Investitionskurve so modifiziert, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfragekurve die zugehörige Angebotskurve im ansteigenden Bereich schneidet, dann bleibt ein Teil der Arbeitslosigkeit bestehen. Dieses Problem lässt sich lösen, indem man eine expansive Fiskal- oder Geldpolitik durchführt. Beide Vorgehensweisen, lösen de facto einen Inflationsprozess aus, der den zu hohen Reallohnsatz entwertet.

Der ungewöhnliche konvexe Verlauf der gesamtwirtschaftlichen Angebotskurve verschwindet, wenn man den Parameter a auf einen Wert größer als 0,5 einstellt. Da jedoch in dem Modell davon ausgegangen wird, dass die beiden Produktionsfaktoren entsprechend ihrer monetären Grenzproduktivität entlohnt werden und dass die Produktionsfunktion linearhomogen ist, sollten die Kapitalertragsquote a und die Lohnquote b realistischerweise Werte um a = 1/3 und b = 2/3 annehmen.

7  Erweiterungen

7.1  Die offene Volkswirtschaft

7.1.1  Das modifizierte Kontensystem

Über das Icon Icon  kann eine offene Volkswirtschaft eingestellt werden. Nur in diesem Fall ist der Schieberegler für den Wechselkurs e wirksam. Wie die Abbildung 9 zeigt, wird zunächst e = 0,6 unterstellt.

Im Hinblick auf die Ableitung der ex post Identität (22) sind nun die ökonomischen Transaktionen zwischen dem Inland und dem Ausland auf dem Gütermarkt zu berücksichtigen. Das modifizierte Kontensystem (1)-(3) lautet

Y = C+I+CSt+ISt+ExIm
(18)
C+S+CSt+SSt = (YT)+T
(19)
I+ISt+KEx = S+SSt+KIm
(20)

Die Gegenbuchung für den Exportwert Ex und den Importwert Im im Produktionskonto (18) sowie den Kapitalexport KEx und den Kapitalimport KIm im Finanzierungskonto (20) werden im Konto der übrigen Welt vorgenommen, das aus Sicht des Inlands aufgeschrieben wird.

Ex+KIm = Im+KEx+Z
(21)

Darin wird Z häufig als Saldo der Zahlungsbilanz bezeichnet, obwohl man korrekt vom Saldo des Devisenbilanzkontos sprechen müsste. Ist die Zahlungsbilanz in dem Sinne ausgeglichen, dass Z = 0 vorliegt, dann erhält man aus ExIm = KExKIm. Nun liefert (20) die ex post Identität einer offenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität in der Form

I+G+Ex = S+T+Im,
(22)

wobei die Staatsausgaben G = ISt+CSt und die Steuereinnahmen T = CSt+SSt zu berücksichtigen sind.

7.1.2  Der modifizierte Gütermarkt

Für den Außenbeitrag ExIm wird nun angenommen, dass er vom heimischen Einkommen und vom heimischen Preisniveau abhängt. Darüber hinaus wird er vom Wechselkurs beeinflusst. Welcher genaue Zusammenhang vorausgesetzt wird, ist Gegenstand des nächsten Abschnitts. Gleichzeitig sind die Nettokapitalimport KImKEx eine Funktion des heimischen Zinssatzes. Die entsprechenden ausländischen Größen werden als konstant unterstellt. Damit kann auf dem Gütermarkt die (hellblaue) Kurve eingezeichnet werden, die den geometrischen Ort aller außenwirtschaftlichen Gleichgewichte mit Z = 0 angibt. Diese Kurve geht zunächst von einem parametrisch gegebenen Preisniveau und einem gegebenen Wechselkurs aus. Die Punkte oberhalb der Kurve implizieren einen Überschuss in der Zahlungsbilanz, die Punkte unterhalb der Kurve führen zu einem Defizit. Der jeweilige numerische Wert des Saldos wird entsprechend der Abbildung 8 neben dem IS-LM-System ausgewiesen und bezieht sich auf den Schnittpunkt der IS-Kurve mit der LM-Kurve.

7.1.3  Die Weltmärkte

Die Herleitung der Z = 0-Kurve besteht aus drei Teilen: (1) dem Exportwert, (2) dem Importwert und (3) den Nettokapitalimporten. Um das Modell einfach zu halten, wird für die Nettokapitalimporte eine Verhaltensgleichung unterstellt

KImKEx = K0 (ii*),

die besagt, dass netto Kapital importiert wird, sofern der heimische Zinssatz i den ausländischen Zinssatz i* übersteigt et vice versa.15

Weltexportmarkt   Abbildung 7: Der Weltexportmarkt (Man beachte die unterschiedliche Skalierung der Gütermenge x.)

Die Ableitung des Exportwertes Ex erfolgt anhand des Weltexportmarktes für ein Gut x mit dem Preis p. Die Nachfrage x1D und das Angebot x1S im Inland (Land 1) lauten

x1D = − p1a1 P Y
P Y b1
   und    x1S = p1Pg1
δ1 P

Beide Kurven sind auf dem Inlandsmarkt der Abbildung 7 abgetragen.

Das resultierende Exportangebot x1Sx1D ist dem zugehörigen Weltmarkt zu entnehmen. Für das annahmegemäß 3,6 mal größere Ausland (Land 2) werden analoge Angebots- und Nachfragekurven vorgegeben, wobei die Wahl der Parameter sicherstellen muss, dass der ausländische Autarkiepreis größer als im Inland ist. Andernfalls würde das Gut nicht exportiert. Die fallende Exportnachfrage x2Dx2S wird wiederum auf den Weltmarkt übertragen. Das Gleichgewicht auf dem Weltmarkt determiniert die Exportmenge x* neben dem Weltmarktpreis p1* = e p2*, so dass der Exportwert Ex = p1*x* beträgt. Nun lässt sich veranschaulichen, dass Abwertungen (e steigt) stets den Exportwert vergrößern und die Z = 0-Kurve nach unten verschieben. Dagegen ist der Einfluss heimischer Inflation auf den Exportwert unbestimmt, während sich die Z = 0-Kurve nun nach oben schiebt.

Auf die analoge Herleitung des Weltimportmarktes wird verzichtet. Die einzige Schwierigkeit besteht darin, geeignete Parameterwerte vorzugeben, so dass der Autarkiepreis im Inland höher als im Ausland ist. Gleichzeitig sollte der Importwert in der Größenordnung des Exportwertes liegen.

7.1.4  Mechanismen zum Ausgleich der Zahlungsbilanz

Nachdem die Volkswirtschaft für den Handel geöffnet worden ist, wird in der Regel kein außenwirtschaftliches Gleichgewicht vorliegen, d.h. Z ≠ 0.

Simultanes  Gleichgewicht   Abbildung 8: Simultanes Gleichgewicht in einer offenen Volkswirtschaft

Eine Möglichkeit, diesen Saldo zu beseitigen, besteht darin, den Wechselkurs freizugeben. Ob dieser Weg erfolgreich ist, hängt unter anderem von der sogenannten Robinson-Bedingung ab, die in Siebert (1994,S. 230 ff.] diskutiert wird. Die hier umgesetzte Idee des Wechselkursmechanismus ist einfach, denn Z bezeichnet nichts anderes als das bewertete Überschussangebot am Devisenmarkt, wobei der Wechselkurs den Preis einer ausländischen Währungseinheit angibt. Im Fall Z > 0 herrscht also ein Überschussangebot an Devisen, so dass e fällt und umgekehrt. Wenn nun der Außenbeitrag ExIm so auf die Wechselkursänderung reagiert, dass stets dZ/de > 0 erfüllt ist, dann wird dieser Mechanismus schließlich Z = 0 sicherstellen. Über das Icon Icon wird ein entsprechender Prozess in Gang gesetzt, der den Wechselkurs e erhöht, wenn Z < 0 festgestellt worden ist et vice versa. Leider schießt das Ergebnis über das Ziel hinaus. Beispielsweise wird ein Defizit in der Regel in einen Überschuss verwandelt. Da nun der Wechselkurs in die umgekehrte Richtung korrigiert werden muss, gleichzeitig aber das Kriterium überprüft wird, ob dZ/de > 0 vorliegt, bricht die Anpassung ab. Nach einigen Aufrufen sollte sich jedoch das gewünschte Ergebnis der Abbildung 8 einstellen.

Das Icon Icon setzt den Geldmengen-Preis-Mechanismus in Gang. Dabei wird ein fixer Wechselkurs unterstellt, den die Zentralbank stützt, indem sie die Salden der Zahlungsbilanz ausgleicht. Damit ist gemeint, dass die Zentralbank im Fall Z > 0 das entsprechende Überschussangebot am Devisenmarkt gegen eigene Währung aufkauft. Also steigt die Geldmenge im Umfang dM = Z > 0. Analog gibt die Zentralbank im Fall Z < 0 Devisen ab und verringert damit das eigene Geldangebot, dM = Z < 0. Simultan zu diesem Vorgehen sind die zugehörigen endogenen Effekte des Preismechanismus zu berechnen, denn in der Regel wird eine Ausweitung der Geldmenge preissteigernde Impulse mit sich bringen und umgekehrt. Auch dieser Ausgleichsmechanismus liefert ein simultanes innen- und außenwirtschaftliches Gleichgewicht, wie es in der Abbildung 8 dargestellt ist.

Der Einkommensmechanismus, setzt zunächst ein Festpreismodell voraus, das über das Icon Icon eingeschaltet wird. Im Sinne der Multiplikatortheorie kann eine Änderung der autonomen Exporte nur dann einen Einkommenseffekt hervorrufen, wenn man von einer Situation mit Unterbeschäftigung ausgeht. Im Standardfall lässt sich diese Situation am einfachsten über einen Kapitalstock in der Höhe K = 4500 herstellen, wobei die resultierende Arbeitslosigkeit auf dem Arbeitsmarkt abzulesen ist. Jeder Klick auf das Icon Icon löst nun entsprechend dem Saldo der Zahlungsbilanz eine Änderung der autonomen Exporte aus. Dabei wird der Einfachheit halber unterstellt, dass ein bestimmter Anteil des Exportwertes den autonomen Exporten entspricht. Demnach müssen lediglich die Kurven auf dem heimischen Exportmarkt vertikal verschoben werden. Dem Einkommensmechanismus sind damit enge Grenzen gesetzt, zumal die Zahlungsbilanz nicht unerheblich von den Nettokapitalimporten beeinflusst wird.

7.2  Wirtschaftswachstum

Das letzte Icon Icon löst einen Wachstumsprozess aus, der den Kapazitätseffekt der Investitionen I = δK berücksichtigt, wobei Abschreibungen nach wie vor vernachlässigt werden. Der Prozess startet in einem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht und beachtet dabei, dass das Arbeitsangebot bei gleichem Reallohnsatz über die Zeit mit der konstanten Rate g(NS) = n wächst. Sofern der Reallohnsatz konstant bleibt, verlangt ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt, dass auch die Arbeitsnachfrage mit der Rate g(ND) = n wächst. Im Fall der Cobb-Douglas-Produktionsfunktion (12) muss daher auch das gesamtwirtschaftliche Angebot mit der Rate n wachsen, denn

Y
N
= b Y
N
= w
P
= konst.    ⇒   g(Y) = g(N)

Da die Produktionsfunktion Y = Ka Nb linear-homogen ist, a+b = 1, erhält man im Wege der logarithmischen Differentiation

g(Y) = ag(N) + bg(K)
(1−a)g(N) = bg(K)
g(Y) = g(N) = g(K) = n

Der Kapitalstock kann aber nur mit der Rate n zunehmen, wenn auch die Investition I mit dieser Rate wächst. Nimmt man weiterhin an, dass das Preisniveau konstant ist, dann muss auch YD mit der Rate n wachsen. Bei einem konstanten Zinssatz muss das Geldangebot dem folgenden Zeitpfad angepasst werden:

M(t) = P(0)[ LT[ YD(t)] +LS[ i(0)] ]

Alles, was zu tun bleibt, um den konstanten Zinssatz sicherzustellen, ist, die Staatsausgaben G und den autonomen Konsum C0 mit der Wachstumsrate n zu versehen. Dieses Vorgehen ist nicht unplausibel, wenn man die zugehörigen pro-Kopf-Größen konstant halten will.

Literaturverzeichnis

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Woll, A.: Allgemeine Volkswirtschaftslehre. 13. Aufl. München : Vahlen, 2000.

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  Gesamtübersicht.


Fußnoten:

1Das Finanzierungskonto resultiert aus der Konsolidierung des Vermögensänderungskontos und des Kreditänderungskontos. Dabei gehen auf gesamtwirtschaftlicher Ebene die Informationen über Finanzierungssalden und Kreditverflechungen verloren. Vgl. Stobbe (1994,S. 97 ff.).

2Die in den Text eingebetteten Abbildungen und Icons sind Ausschnitte der Programmoberfläche, die in der Abbildung 9 dargestellt wird. Aus technischen Gründen weichen die mathematischen Symbole des Programms von der üblichen Schreibweise ab. Diese Differenzen werden im Text beispielsweise durch CautC0 hervorgehoben.

3In Anlehnung an Fisher ergibt sich der reale Zinssatz i, indem man die (erwartete) Inflationsrate π = (Pt+1Pt)/Pt vom nominalen Zinssatz r abzieht, i = r−π. Die Beziehung stellt sich als Approximation für den realen Zinssatz i heraus, sofern die Definitionsgleichung 1+i = (1+r)Pt/Pt+1 wie in Sachs, Larrain (1993,S. 227) unterstellt wird. Durch einfache Umrechnung folgt r = π+(1+π)i, wobei iπ ≈ 0 angenommen wird. Solange man von konstanten Preisen ausgeht (π = 0), ist eine Unterscheidung zwischen dem realen und dem nominalen Zinssatz unnötig.

4Auch die Vorsichtskasse wird hauptsächlich vom Volkseinkommen Y bestimmt und daher unter das Transaktionsmotiv subsumiert, vgl. hierzu Jarchow (1993,S. 90-97). Eine ähnliche graphische Darstellung, die die Vorsichtskasse explizit berücksichtigt findet man in Otruba, Munduch, Stiassny (1996,S. 175).

5Im sogenannten Baumol-Tobin-Modell wird auf schlüssige Weise dargelegt, dass die Nachfrage nach Transaktionskasse auch vom Zinssatz abhängt. Vgl. hierzu etwa Mankiw (1998,S. 539-541).

6Die Idee der diversifizierten Geldnachfrage geht auf Tobin und Markowitz zurück und kann in Ott, Ott, Yoo (1983, S. 185-192) nachgelesen werden. Dort werden Kriterien abgeleitet wie die optimale Zusammensetzung eines Portfolios aussieht, wenn die beiden enthaltenen Aktiva - Geld und Wertpapiere - durch unterschiedliche Risiken und Erträge gekennzeichnet sind.

7Die effektive Verzinsung ρ eines Wertpapiers mit dem Nennwert Z und dem nominalen Zinssatz r ist gegeben durch

ρ = kt+1kt
kt
= ktkt+rZkt
kt
= rZ
kt
+ Δkt
kt

wobei k den Kurs des Wertpapiers bezeichnet.
Dagegen muss die reale Verzinsung auch Änderungen des Preisniveaus, also die Inflationsrate π = (Pt+1Pt)/Pt, berücksichtigen:

(1+i)kt = Pt(ktkt+rZ)
Pt+1
= ktkt+rZ
1+π

Insbesondere bei konstanten Preisen (π = 0) erhält man, i = ρ. Gleichzeitig ist der reale Zinssatz i um so höher, je kleiner der Kurswert kt ist. Ähnlich zur Fisher-Gleichung in der Fußnote 3 erhält man für π ≠ 0 approximativ i = ρ−π, wobei iπ ≈ 0 unterstellt wird.

8Der Schieberegler für das Preisniveau ist der Abbildung 9 zu entnehmen.

9Wird die nominale Ersparnis PtS mit dem nominalen Zinssatz r verzinst, dann kann der Haushalt eine Periode später den Betrag (1+r)PtS/Pt+1 zu konsumptiven Zwecken verwenden. Unter Berücksichtigung der Approximiation aus der Fußnote 3 lautet der Konsum der Periode t+1, in der nicht gearbeitet wird, Ct+1 = (1+i)St. Im optimalen intertemporalen Verbrauchsplan, wie ihn Schumann, Meyer, Ströbele (1999,S. 111 ff.) behandeln, hängt der heutige Konsum neben dem heutigen Einkommen insbesondere auch vom realen Zinssatz i ab. Diese Sicht wird von der klassischen Theorie betont.

10In der Realität ist das Preisniveau P keine Instrumentvariable, die sich exogen einstellen lässt. Allerdings werden viele Effekte erst sichtbar, wenn man P zumindest kurzfristig konstant hält.

11In Sargent (1994) wird gezeigt, wie der nominale Aktienwert V zum Zeitpunkt t berechnet wird. In Anlehnung an das Tobinsche q erhält man unter Vernachlässigung von Abschreibungen

q = V(t)
PK(t)K(t)
= (P/PK)∂Y/∂K
i

Wenn also der reale Zinssatz mit der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals übereinstimmt, dann entspricht der nominale Aktienwert V dem nominalen Wert des Kapitalstocks PKK, d.h. q = 1.

12Aktien und staatliche Schuldverschreibungen werden als perfekte Substitute angesehen.

13Felderer, Homburg (1999) sprechen vom Kapitalmarkt, wobei sie die Ersparnis mit dem Kapitalangebot gleichsetzen und die Investition als Kapitalnachfrage bezeichnen.

14Wie Jarchow (1993,S. 326) betont, ist das Saysche Theorem ein Spezialfall des Walras-Gesetzes.

15Die Funktion für den internationalen Kapitalverkehr ist Dieckheuer (1998,S. 175) entnommen worden, sie vernachlässigt Entscheidungen über optimale Portfoliostrukturen.